PHILIPP MAUSSHARDT über KLATSCH
: Und dann lächelte der Butler

Als „Der Wixxer“ kommt „Der Hexer“ von Edgar Wallace wieder ins Kino – im Hotel von Eddi Arent gab’s eine Vorschau

Es sollen schon geniale Ideen am falschen Namen gescheitert sein. Nicht auszudenken, wenn die Tochter von Daimler-Chefkonstukteur Emil Jellinek Hildegard oder Ingeborg geheißen hätte. Dann müsste DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp vor die Presse treten und sagen: „Ich freue mich, Ihnen heute die E-Klasse von Hildegard vorstellen zu dürfen.“ Oder den „Ingeborg SLK“. Die Tochter aber hieß Mercedes, und der Erfolg war vorprogrammiert.

Diese kurze Vorrede nur deswegen, weil in der kommenden Woche ein Film in den deutschen Kinos starten wird, der den Namen „Der Wixxer“ trägt. Ich weiß nicht, ob Schüler heute noch von ihren Großeltern einen Zuschuss fürs Kino bekommen. Ich hätte von meiner Oma jedenfalls kein Geld erhalten, wenn ich gesagt hätte: „Oma, ich will in den ‚Wixxer‘. Haste mal zwei Mark?“

Die erste öffentliche Vorführung des „Wixxers“, zumindest die ersten fünfzehn Minuten davon, fand vor einigen Wochen in einem Hotel im Schwarzwald statt. Der Tatort war gut gewählt: Der „Neustädter Hof“ in Titisee-Neustadt gehört Eddi Arent, dem Butler in nahezu allen Edgar-Wallace-Filmen. In seinem Haus, das den Charme vergangener Zeiten ausstrahlt, treffen sich einmal im Jahr die noch lebenden Schauspieler und Fans der Krimi-Kult-Serie zum „Edgar-Wallace-Festival“.

Die Zahl der noch lebenden Darsteller schwindet allerdings von Jahr zu Jahr. Darum freute sich Veranstalter Christos Tses schon darüber, dass sogar Friedrich Beckhaus gekommen war, obwohl der nur zweimal die Leiche in Wallace-Filmen gespielt hatte. Vor der Haustüre des „Neustädter Hofs“ stand etwas verloren Klaus-Jürgen Wussow und schnorrte Festivalgäste um eine Zigarette an: „Eigentlich habe ich aufgehört zu rauchen.“ Waren es Journalisten, sagte er noch einen abschließenden Satz: „Ich mag nur positive Schlagzeilen.“ Dann drehte er sich um und schaute lange zu den Schwarzwaldtannen hinauf – die Klinik.

Etwas frischer wirkte da noch Ingrid van Bergen, 73, die bekannte: „Ich bin eine nostalgische Tante und darum bin ich hier.“ Van Bergen, die sieben Jahre im Gefängnis saß, nachdem sie 1976 aus Eifersucht ihren Lebensgefährten erschoss, hat in zwei Edgar-Wallace-Filmen in Nebenrollen mitgewirkt. Jetzt, endlich, rund vierzig Jahre später, verlieh ihr Festival-Organisator Tses den „Edgar-Wallace-Preis – für Ihre Verdienste für den deutschen Kriminalfilm“. Van Bergen reagierte gerührt und ironisch: „Es ist der erste Preis, den ich erhalte. Das ist sehr bedauerlich.“

Vielleicht muss man den jüngeren Lesern sagen, dass einer der berühmtesten Wallace-Filme „Der Hexer“ hieß. Und „Der Wixxer“ ist eine Parodie darauf. Aber auch wenn man das nicht weiß, wird man darüber lachen, wenn Anke Engelke und Oliver Kalkofe durch „Blackwhite-Castle“ stolpern, auf der Suche nach ebenjenem Wixxer, der illegal Girl-Groups nach England einschleust. Mit „etwas Bauchschmerzen“ war der noch sehr junge Filmproduzent Christian Becker nach Titisee-Neustadt gefahren, in der bangen Hoffnung, den Segen für seinen „Wixxer“ von der Altriege der Wallace-Schauspieler erteilt zu bekommen. Vom Titel geschockt, hatte Eddi Arent allerdings schon im Vorfeld abgewunken. Das sei wohl nichts für ihn, für „solche Sachen“ sei er „offenbar zu alt“. Aber gut, er werde sich das Machwerk mal anschauen.

Hotelbesitzer Arent kam dann auch nur für eine halbe Stunde aus seinem Zimmer herunter in den Saal. Er leidet unter starken Depressionen und ist kaum ansprechbar. Seit sein Kollege und Freund Harald Juhnke mit Altersdemenz in eine Klinik eingeliefert wurde, hält sich Arent von allen öffentlichen Auftritten fern. Seine Frau kümmert sich um ihn. Das Hotel steht zum Verkauf. Als schließlich die ersten 15 Minuten des „Wixxers“ im „Neustädter Hof“ über die Leinwand liefen, lächelte der Wallace-Butler: „Das ist sehr, sehr gut gemacht“, befand er, stand auf und ging wieder auf sein Zimmer.

Der Segen war also erteilt. Nur die Kinogeldfrage ist noch offen. Aber zur Not geht man für die Oma dann halt in „Der Mixer“.

Fragen zu Depressionen? kolumne@taz.de Montag: Peter Unfried über CHARTS