Gemeinsamkeit als großes Ziel

Erstmals traten gestern die Umweltminister der Anrainer von Ost- und Nordsee zu einer gemeinsamen Konferenz zusammen. Robbenjagd, Wasserverschmutzung, Schifffahrt – Streitpunkte gibt es viele. Heute sollen Lösungen präsentiert werden

aus Berlin NICK REIMER

Wie immer geht es um Konsens. Wenn die Umweltminister der Ostsee- und der Nordseeanrainer heute in Bremen ihr gemeinsames Papier zum Schutz der Meere verabschieden, wird dieses nur den kleinsten gemeinsamen Nenner dokumentieren. Trotzdem ist die Konferenz etwas Besonderes: Auf deutsche Initiative hin trifft sich erstmals die für die Ostsee gegründete Helsinki-Kommission Helcom mit der für die Nordsee zuständigen Oslo/Paris-Kommission Ospar. Und erstmals wird es gemeinsame Beschlüsse geben.

Nachdem die Experten schon seit Wochenanfang getagt hatten, traten gestern die Ospar- und die Helcom-Minister zusammen – zunächst getrennt. In der Helcom sind vor allem drei Themen strittig: Finnland sieht die Kegelrobbe als Fischereischädling an und ist deshalb nicht bereit, die „wilde“ Bejagung einzustellen, wie die anderen Ostseeanrainer fordern, oder wenigstens zu „ordnen“ – per Quote zu kontrollieren. Dänemark sperrt sich gegen den Abbau der Eutrophierung, also der Einleitung von Dünger und Pflanzennährstoffen. Und Russland will weder die Lotsenpflicht noch die Ausweisung von Schutzgebieten akzeptieren. Michael Schroeren, Sprecher von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne), sah gestern allerdings bei Russland „die Bereitschaft, sich zu bewegen“.

Streitpunkt in der Ospar ist vor allem die atomare Verseuchung der Meere. Die letzte Ministerkonferenz hatte 1998 in Portugal beschlossen, die radioaktive Einleitung drastisch zu senken. De facto hat sich das Quantum seitdem aber erhöht, „was ausschließlich auf die Wiederaufbereitungsanlagen La Hague und Sellafield zurückzuführen ist“, sagt Susanne Ochse von Greenpeace. Allein Sellafield leite heute 50 Prozent mehr ein als noch vor 5 Jahren. Großbritannien und Frankreich sperren sich gegen Maßnahmen.

Auch das Thema Offshore ist umstritten. Allerdings zeichnete sich gestern eine Einigung ab: Die Minister werden sich heute wohl auf ökologische Rahmenbedingungen einigen, die den Windkraftausbau zu See umweltverträglich machen.

Zuvor hatte sich Gastgeber Deutschland als Vorbild präsentiert: Trittin erklärte, man werde die ersten Meeresschutzgebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone – das Gebiet bis 12 Meilen vor den Küstengewässern – ausweisen: „Wie übernehmen eine Schrittmacherfunktion.“

Am Abend sollten beide Konferenzen dann zusammentreffen, um das für heute angekündigte Ministerpapier zu beraten. Was das bringen kann? „Unsere Übereinkommen haben nur begrenzte Anwendungsbereiche“, sagt Gastgeber Trittin. Ausschlaggebend sei deshalb die Zusammenarbeit mit der EU. Und der UNO. Natürlich im Konsens.