Bahn will Verkehr in Städten übernehmen

Ausschreibungen in ganz Europa locken Bahnchef Mehdorn. Der Börsengang der DB AG bleibt das Ziel

BERLIN taz ■ Die Deutsche Bahn AG will in Zukunft stärker als bisher auch den Bus- und Bahnverkehr in den Städten übernehmen. Europaweit würden in den kommenden Jahren diese ÖPNV-Dienste in den Städten und Regionen ausgeschrieben, sagte Vorstandschef Hartmut Mehdorn gestern auf der Bilanzpressekonferenz. Daran wolle sich die Bahn beteiligen. Zu diesem Zweck hat das Unternehmen die „DB Stadtverkehr GmbH“ seit diesem Jahr zwar als eigenes Geschäftsfeld organisiert – in den ersten drei Monaten 2004 aber in genau diesem Segment 4,5 Prozent an Umsatz verloren, räumte Finanzvorstand Diethelm Sack ein. Auch der Fernverkehr – traditionelles Sorgenkind der DB AG – lag um gut ein Prozent unter dem Wert des Vorjahrs, der Regionalverkehr legte leicht zu.

Mehdorn zeigte sich reumütig: „Wir sind unseren Kunden im vergangenen Jahr einiges schuldig geblieben“, sagte er. Nun will das Unternehmen vor allem die Pünktlichkeit verbessern. Gegenwärtig seien 90 Prozent der Züge pünktlich, mittelfristig sollen es 95 Prozent sein. Diese Vorgabe ist Teil des Tantiemensystems bei den Führungskräften, sagte Mehdorn, ohne Details zu nennen. Hauptgrund für den Verlust von Passagieren im Fernverkehr seien aber die Billigflieger. Eine Rolle habe auch die Verunsicherung durch das Preissystem gespielt. Mehdorn betonte, es werde keine Billigtochter im Fernverkehr geben.

Zum Thema Börsengang gab es vom Vorstand wenig Neues. Das Unternehmen soll im kommenden Jahr die „Kapitalmarktreife“ erlangen und nachhaltig Gewinne schreiben. Um die geringeren Zuschüsse des Bunds für die Infrastruktur auszugleichen, sollen einige Streckenbauprojekte wegfallen oder verschoben werden. Über den Börsengang entscheide aber nicht das Unternehmen, sondern der Eigentümer, betonte Mehdorn. Er machte auch klar: „Aus Sicht der Bahn ist der Zugang zu den Kapitalmärkten für die Zukunftssicherung des Unternehmens unerlässlich.“ Bereits in diesem Jahr soll die Bahn in die schwarzen Zahlen fahren. 2003 war noch ein Verlust von 172 Millionen Euro angefallen.

Der Bundesvorsitzende der Verkehrsgewerkschaft GDBA, Klaus-Dieter Hommel, hat Mehdorn vor übereilten Schritten beim geplanten Börsengang gewarnt und zu einem „Handeln mit Augenmaß“ aufgerufen. Gemeinsam mit der Bahngewerkschaft Transnet forderte die GDBA den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2010. STEPHAN KOSCH