Neustart für altes AKW

Die Slowakei will das AKW Bohunice wieder anschalten und verärgert die EU-Kommission. Grüne: „Große Gefahr“

BRÜSSEL/BRATISLAVA dpa ■ Der russische Gas-Lieferstopp hat einen EU-Streit über den Neustart stillgelegter Atomkraftwerke entfacht. Die Regierung der Slowakei beschloss am Samstagabend angesichts der Energiekrise, einen abgeschalteten Atomreaktor in Jaslovské Bohunice wieder hochzufahren. Dieser Schritt würde gegen EU-Recht verstoßen, warnte die EU-Kommission am Sonntag in Brüssel.

Der slowakische Atommeiler war Ende 2008 stillgelegt worden. „Es ist klar, dass es keine Rechtsgrundlage für das Hochfahren von Bohunice gibt, und wenn die Regierung das Atomkraftwerk wieder in Betrieb nimmt, täte sie das im klaren Verstoß gegen EU-Recht“, sagte der Sprecher von EU-Energiekommissar Andris Piebalgs. Die Kommission habe von der Regierung in Bratislava bisher keinen förmlichen Antrag zum erneuten Betrieb des Meilers erhalten.

„Ich bin mir bewusst, dass wir damit den Beitrittsvertrag zur Europäischen Union verletzen, und übernehme dafür die volle politische Verantwortung“, sagte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico nach der Entscheidung. „Wir tun das in Zeiten der Krise.“ Wirtschaftsminister L’ubomír Jahnátek meinte, die Slowakei habe keine andere Wahl, ihre Energieversorgung stehe kurz vor dem Zusammenbruch. Die Stromversorgung des Landes hängt teilweise von gasbetriebenen Generatoren ab.

Das Hochfahren des nach sowjetischer Bauart errichteten Atommeilers ist politisch äußerst heikel. Insbesondere auf österreichischen Druck hatte sich die Slowakei zur Schließung der Anlage bis spätestens Ende 2008 verpflichtet. Diese Verpflichtung ist im Vertrag zum EU-Beitritt der Slowakei festgeschrieben und könnte nur mit Zustimmung aller anderen EU-Mitgliedsländer geändert werden. Die Vorsitzende der österreichischen Grünen, Eva Glawischnig, erklärte: „Der Reaktor gilt als eines der drei gefährlichsten Atomkraftwerke Europas.“ Diesen in Betrieb zu nehmen, stelle eine „große Gefahr“ dar.