Echte Führungskräfte

Doppelspitze der Innenbehörde beschäftigte ausführlich die Bürgerschaft. Schill verlässt in Kirchendebatte beleidigt den Plenarsaal

von PETER AHRENS

Mit den Eskapaden und Affären des Personals an der Spitze der Innenbehörde lassen sich mittlerweile prächtig ganze Bürgerschaftssitzungen bestreiten. So bestimmten Innensenator Ronald Schill und sein Staatsrat Walter Wellinghausen einen Großteil des gestrigen parlamentarischen Nachmittages, obwohl beide überhaupt nicht das Wort ergriffen. Wellinghausen, dem in der Fragestunde der Bürgerschaft seine dubiosen Nebeneinkünfte zum Vorwurf gemacht wurden, war gar nicht anwesend.

Für ihn sprang Finanz-Staatsrat Robert Heller in die Bresche, der die Nachfragen von SPD und GAL mit dem Standardsatz abzuwürgen trachtete, der Vorgang werde geprüft und es lasse sich noch nichts sagen, da diese Prüfung noch nicht abgeschlossen sei. Wellinghausen, so Heller, habe gestern auf Wunsch des Bürgermeisters eine Stellungnahme zu der Affäre abgegeben. Der Senat bewerte diese derzeit, „dabei handelt es sich aber nicht um disziplinarische Vorermittlungen“. Ansonsten berief er sich auf das anwaltliche Berufsgeheimnis, „das in einem solchen rechtsstaatlichen Verfahren gelten muss“.

Der Finanzstaatsrat ließ die Fragebedürfnisse der Opposition nach einem möglichen Ergebnis der senatlichen Prüfung zudem mit der Bemerkung abperlen: „Über diese Personalvorgänge werden wir die Bürgerschaft nicht informieren.“ SPD-Fraktionsvizechef Michael Neumann hatte denn doch das letzte Wort mit seiner an Heller gerichteten Frage: „Stimmen Sie mit mir überein, dass die 87.400 Euro, die Wellinghausen nebenbei kassiert haben soll, dem Urlaubsgeld von 260 Polizisten entsprechen?“ Darauf wusste Heller nichts zu sagen.

Stumm wie ein Fisch blieb auch Schill in der anschließenden Debatte zum geplatzten Staatsvertrag mit der Evangelischen Kirche, obwohl sein Widerstand – „Ein Hamburger kniet nicht vor der Kirche“ – erst dafür gesorgt hatte, dass der Vertrag nicht zustande kam. SPD-Fraktionschef Walter Zuckerer nannte Schills Verhalten in dieser Angelegenheit „bizarr“ und ein „würdeloses Trauerspiel“. In Anspielung auf Schills zweiten Vornamen Barnabas – hebräisch für „Sohn des Trostes“, wie Zuckerer recherchiert hatte – stellte er fest, der Senator sei „im Umgang mit der Kirche offensichtlich nicht bei Trost“. Schill sprang daraufhin von seinem Senatsplatz auf, nahm sein Köfferchen und verließ fluchtartig auf Nimmerwiedersehen den Plenarsaal.

GALier Willfried Maier hatte allerdings eine Erklärung für dessen Antihaltung zur Kirche. Zur Schill-Fraktion gewandt stelte er fest: „Sie haben eben nicht Gott, sondern Schill im Parteinamen. Und das empfindet der Mann offenbar als Konkurrenz.“

Die Koalitionsfraktionen taten sich dagegen sichtlich schwer, dem Innensenator zur Seite zu springen. Stattdessen wählten CDU und Schill-Partei die Strategie, ihren Ressentiments gegen die nordelbische Bischöfin Maria Jepsen freien Lauf zu lassen. „Die Herabsetzung dieses Senats durch die Kirchenführung ist an der Grenze des Unerträglichen“, warf sich Wolfgang Beuß (CDU) ins Zeug, und Schill-Fraktionschef Norbert Frühauf war „die Person der Bischöfin gleichgültig“.