Interview
: SPD-Delegierte lassen sich nicht erpressen

Der SPD-Politiker Jürgen Maly war einer der Kritiker des Koalitionsvertrages auf dem Bremer Stadt-Parteitag. Die taz fragte nach, wie er die Lage vor dem entscheidenden Landesparteitag am Freitag bewertet.

taz: Henning Scherf droht mit Rücktritt. Wie steht es um die innerparteiliche Demokratie?

Jürgen Maly: Demokratie heißt, Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren. Die Partei wird auch gezwungen sein, seine Entscheidung zu akzeptieren, dass er nur noch zwei Jahre als Präsident des Senats zur Verfügung steht. Das ist jetzt eine etwas andere Mitteilung als Scherf sie vor der Wahl dem Wahlvolk gemacht hat.

Scherf hat dem UB-Vorsitzenden Wolfgang Grotheer vorgeworfen, dass er bei den Koalitionsverhandlungen dabei war und dann auf dem Parteitag so geredet hat, als habe er mit dem Ergebnis nichts zu tun. Ich habe das so verstanden, dass Wolfgang Grotheer durchaus bereit war, Argumente, die von der Basis auf dem Parteitag geäußert worden sind, in seine Überlegungen mit einzubeziehen. Und es ist eben so, dass der Koalitionsvertrag vom Landesparteitag beschlossen wird und bis dahin gibt es einen demokratischen Prozess, an dessen Ende „Ja“ oder „Nein“ steht oder die Aufforderung, nachzuverhandeln. Alles sind mögliche Ergebnisse, so ist das in der Demokratie.Und es gibt die Angst, dass der Steuermann von Bord geht. Henning Scherf war der Spitzenkandidat, und er trägt Verantwortung dafür, dass Bremen eine große Koalition bekommt. Meines Erachtens war es falsch, die Koalitionsaussage vor der Wahl zu machen. Damit hat er sich in eine sehr schlechte Verhandlungsposition gebracht. Gibt es eine Alternative?

Es gibt immer Alternativen. Es gibt in der SPD Persönlichkeiten, die in der Bevölkerung hoch geachtet sind und durchaus den Senat anführen könnten. Sei es mit der CDU oder sei es mit den Grünen zusammen. Ich könnte mir vorstellen, dass dafür Personen in Frage kommen, die schon vor Jahren davor gewarnt haben, zu viel Geld in risikoreiche oder nicht dringend notwendige Investitionsprojekte zu stecken. Und die dafür heftig kritisiert wurden.Werden die Delegierten nach der klaren Rücktrittsdrohung den Mut haben, sich auf dem Landesparteitag noch offen kritisch zu äußern?Ich bin fest davon überzeugt, dass diese traditionsreiche Volkspartei SPD Menschen als Delegierte hat, die ihr Amt sehr ernst nehmen und nach ihrer politischen Überzeugung handeln, sich also weder einlullen noch erpressen lassen. Die das Wort ergreifen. Fragen: kawe