die rentnerdemo
: Jung gegen Alt ist keine Lösung

„Rentnerdemo“ – unter diesem Stichwort macht die Kundgebung, zu der 200.000 Leute erwartet werden, die Runde. Im Klartext heißt das: nicht so wichtig. Das ist zwar ein großer Irrtum, aber immerhin ein selbst gewählter.

KOMMENTAR VON WALTRAUD SCHWAB

Es gibt keinen Grund, die Nase zu rümpfen, wenn eine von den Sozialverbänden organisierte Protestveranstaltung unter dem Motto „Gegen soziale Demontage – für soziale Gerechtigkeit“ ansteht, selbst wenn sie sich insbesondere gegen die Belastungen durch Renten- und Gesundheitsreform wendet und deshalb vor allem Rentner und Rentnerinnen zu ihr erwartet werden. Jene, so die Veranstalter, aus der Gruppe der sechs Millionen Alten, die mit weniger als 600 Euro im Monat auskommen müssen. Die sind heute die Avantgarde der zukünftigen Generationen verarmter Alter.

Eine Demonstration gegen Sozialabbau ist nicht deshalb besser, weil sie sich gegen die Erhöhung der Studiengebühren oder Kitabeträge wendet, dabei die Belastungen bei Rentnern und Alten aber unerwähnt lässt. Beide Ansätze mögen die unterschiedliche individuelle Betroffenheit ansprechen. Die Kritik, die hinter beidem steht, ist jedoch umfassender: Es ist die an der zurzeit weit verbreiteten Verschiebung öffentlicher Gelder, weg vom Gemeinwohl, hin zur Subentionierung der Wirtschaft. Auch die unter christdemokratischer Ägide erfundene Frühverrentung gehört hierher.

Solange es jedoch gelingt, die persönliche Befindlichkeit als Motivation für den Protest anzuführen, nach dem Motto, den Rentnern ginge es nur um die Wahrung ihres Besitzstands, wird der soziale Protest auseinander dividiert, nicht ernst genommen und geschwächt.

Jung gegen alt – darin steckt sozialer Zündstoff. Zum einen, weil die Gesellschaft rapide altert, zum anderen, weil nach wie vor der Jugendkult dominiert. Wer 40 ist, ist alt. Zumindest auf dem Arbeitsmarkt. Dass damit die Abwertung von Lebens- und Arbeitserfahrung einhergeht, ist ein Skandal. Denn eine alternde Gesellschaft, die sich selbst verleugnet, löscht sich freiwillig aus.