Njet blockt Schutz

Krach und maue Kompromisse bei der Meeres-Konferenz: Einhüllentanker dürfen zunächst weiter schippern, radioaktive Abwässer weiter fließen

aus Bremen KAI SCHÖNEBERG

Als Misserfolg für die Meere werteten Umweltorganisationen die Ministerkonferenz zum Schutz von Nordostatlantik und Ostsee, die gestern in Bremen zu Ende ging. Zwei Tage hatten Fachminister aus 22 Anrainerstaaten sowie Vertreter aus neun Beobachterländern diskutiert. Die Ergebnisse: mau.

Als „Tod auf Raten für die Ostsee“ geißelte ein Sprecher der Umweltstiftung WWF die Entscheidung, die Ostsee nur teilweise als besonders schutzwürdiges Gebiet (PSSA) auszuweisen. Ausschlaggebend dafür war ein Veto Russlands, das die Beratungen gleich mit einem Eklat beginnen ließ: In der Helsinki-Konferenz (Helcom) der Ostsee-Anrainer hatte die Moskauer Delegation zunächst den PSSA-Status für die gesamte Ostsee blockiert. Nach dem russischem Einlenken gestern kann jetzt wenigstens für einige gefährliche Passagen eine Lotsenpflicht eingeführt werden. Dazu zählt die viel befahrene Kadetrinne zwischen Deutschland und Dänemark.

Russland hatte auch gegen ein Verbot so genannter Einhüllentanker votiert. Doch die „schwimmenden Zeitbomben“, deren sofortigen Bann acht der neun Helcom-Mitglieder forderten, sollen noch bis 2015 durch die Ostsee schippern dürfen. Hinter dem russischen Njet stecken finanzielle Interessen: Das Land gilt als größter Erdöltransporteur auf der Ostsee. Außerdem planen die Russen den Start der Offshore-Förderung von Öl nahe dem Nationalpark Kurische Nehrung. Das Gebiet ist Teil des Unesco-Weltkulturerbes.

Mit einem weiteren Kompromiss endete die parallel zur Helcom tagende Oslo-Paris-Kommission (Ospar) der Nordostatlantik-Anrainer. Nur widerwillig stimmte Großbritannien der schrittweisen Reduzierung radioaktiver Abwässer in die See zu. Die Einleitungen sollen erst 2020 ganz eingestellt werden. Die atomaren Wiederaufarbeitungsanlagen in Sellafield (GB) und La Hague (F) sind die Hauptverursacher der radioaktiven Belastung. Vor allem die Fischereination Norwegen hatte sich gegen die strahlenden Abwässer eingesetzt.

Auch über ein Verbot der Stell- und Schleppnetzfischerei konnten sich die Umweltminister in Bremen nicht verständigen. In den Stellnetzen sterben jedes Jahr allein in der Nordsee rund 7.000 Kleinwale. Immerhin verständigten sich die Ressortchefs darauf, entlang ihrer Küsten ein Netz von Meeresschutzgebieten auszuweisen. So soll etwa die schleswig-holsteinische Westküste auch außerhalb der Zwölf-Meilen-Zone demnächst vollständig Schutzgebiet werden.