Alle setzen auf Berlin-Monopoly

Bei den Berliner Koalitionsverhandlungen könnten die Würfel für Bremen fallen – wenn mit dem großen Konjunkturprogramm eine Schuldenbremse plus „Konsolidierungshilfe“ beschlossen würde

VON KLAUS WOLSCHNER

Die hohe Kunst der Politik ist es, falsche Worte zur falschen Zeit zu vermeiden. Fragt man heute bei zuständigen PolitikerInnen nach dem Schicksal der Föderalismuskommission und möglichen „Konsolidierungs-Hilfen“ für überschuldete Länder wie Bremen und das Saarland, dann gibt es nur eines: große Zurückhaltung. Wobei es bis zum 5. Februar eine Lösung geben soll, so der Zeitplan. Denn zwischen März und Mai müssen die gesetzlichen Änderungen in Berlin durch Bundestag und Bundesrat, danach geht wegen des „Superwahljahres“ überhaupt nichts mehr.

Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) war nach Ausbruch der Finanzkrise eher zurückhaltend, wenn man sie nach den Chancen einer großen Einigung zu Gunsten von Bremen fragte. Verständlich: Wenn alle ihr Geld zusammen halten müssen, wie sollen dann Bayern und NRW bewegt werden, für Bremen zu spenden. Seit einigen Tagen ist sie wie ausgewechselt und optimistisch. Der Hintergrund: Kanzlerin Angela Merkel spricht von einem „Konjunkturpaket II“, die damit einhergehende Erhöhung des Schuldenberges ist aber nach verbreiteter Ansicht nur zu rechtfertigen, wenn gleichzeitig eine „Schuldenbremse“ im Grundgesetz festgeschrieben wird. Die SPD hat sich inzwischen auf eine absolute Neuverschuldungsgrenze von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) festgelegt.

Der Druck, zu Beginn des Wahljahres Handlungsfähigkeit zu demonstrieren, ist groß. So stehen die Zeichen eher gut, dass nach den Koalitionsgesprächen in Berlin, die gestern Abend angesetzt waren, heute sowohl Konjunkturpaket wie die Einigung auf eine Schuldenbremse verkündet werden. Dass das Sonderproblem der überschuldeten Mini-Länder dabei mit gelöst wird, erwartet derweil niemand. „Keine Schuldenbremse ohne Schuldenhilfe“ für die, die es aus eigener Kraft nicht schaffen, ruft Bremens Finanzsenatorin laut in die Republik – außerhalb Bremens ohne Echo. In Berlin hat man andere Sorgen.

Volker Kröning, immerhin Obmann der SPD-Bundestagsfraktion in der Föderalismuskomission, muss einräumen, dass er es derzeit „nicht beurteilen kann“, ob die reichen Bundesländer, die zurzeit auch arm dran sind, Geld für eine Schuldenhilfe beizusteuern bereit sind. Bundespolitiker fordern das, aus Bayern und NRW kommt kein Echo. Wenn Bremen 430 Millionen Euro jedes Jahr bekommen würde, könnte es die Neuverschuldungsgrenze (rund 60 Millionen) einhalten – so schlicht ist die Rechnung aus Bremer Sicht.

Nun wird aber kein Bundesland im Jahre 2009 oder 2010 die zur Debatte stehende Schuldengrenze einhalten können. Nach internen Berechnungen könnte die drohende Neuverschuldung 2009 über drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen, 2010 vielleicht sogar 4,5 Prozent. Die in der Krise gemachten Schulden müssten bei guter Kassenlage zurückgezahlt werden, das bleibt als Sinn der neuen, per Grundgesetz verpflichtenden „Schuldenbremse“ bestehen. „Jetzt werden alle über Nacht zu Keynesianern“, sagt der Bremer Grünen-Vorsitzende Andre Heinemann, der beruflich einer der Finanzexperten Bremens ist.

In der Finanzverwaltung des Stadtstaates Berlin, der auch wegen Überschuldung auf Entlastung durch die Föderalismuskommission II setzt, rechnet man vor diesem Hintergrund derzeit nicht mehr mit Hilfsgeldern: Wenn alle Bundesländer ihre Etats überziehen, so die Sorge, dann werde sich niemand für ein bisschen mehr Schuldenlast an Weser, Spree oder Saar interessieren. Anders gesagt: Wieso sollte Bayern, wenn es selbst die neue 0,5-Schuldengrenze 2009 nicht einhalten kann, zusätzliche Kredite aufnehmen, um Bremen ebendies zu ermöglichen? Derzeit jedenfalls redet niemand außerhalb der Landesgrenzen über die Schuldenhilfe für Bremen. Immerhin wäre dafür bis zum 5. Februar Zeit.