Handys strahlen weiter

Nur jedes vierte Mobiltelefon besteht den TCO-Test. Die Branche mauert gegen Einführung des Gütesiegels

STOCKHOLM taz ■ Strahlungsarme Mobiltelefone bleiben Mangelware. Weder die Handys von Siemens noch die von Sony-Ericsson bestehen derzeit den bei Computerbildschirmen etablierten TCO-Test. Teilweise strahlen sie durchweg zu stark, teilweise ist ihre Sendekapazität so schlecht, dass durch die benötigte höhere Sendeenergie auch die Strahlungswerte stiegen. Insgesamt erhielten in einem aktuellen Test nur 6 der 25 ausgewählten Modelle die Qualitäts- und Umweltmarke „TCO ’01 Mobile Phones“.

Das TCO-Gütesiegel hat sich seit Jahren weltweit auf den Computerbildschirmen etabliert und bürgt dafür, dass diese gewisse ergonomische und strahlentechnische Werte einhalten. Der Versuch, das Siegel auch auf dem Handymarkt einzuführen, traf dagegen auf den geschlossenen Widerstand der Branche. Grund: TCO hält den SAR-Strahlengrenzwert der EU für viel zu hoch. Der Grenzwert beschreibt Energiemenge und Wärmeentwicklung ausgedrückt in Watt pro Kilogramm Körpergewicht, der ein Benutzer beim Maximaleffekt des Handys ausgesetzt ist. SAR steht für specific absorption rate, maximal 2,0 W/kg sind offiziell erlaubt. Für ihr Gütesiegel lässt TCO aber nur 0,80 W/kg zu, da es genügend Hinweise auf eine gesundheitsschädliche Wirkung durch Handys gebe. Außerdem sei es problemlos möglich, den SAR-Wert auf ein akzeptables Niveau zu senken, ohne dass dies auf Kosten der technischen Funktion gehe.

Tatsächlich schafften es die meisten Handys auch, unter der 0,80 W/kg-Grenze zu bleiben – nur sieben lagen höher. Dagegen hatten zwölf Modelle – hierunter alle von Siemens – Probleme mit dem Kommunikationsvermögen. Zu viel der Sendeenergie wurde nicht optimal zum nächsten Sendemast ausgestrahlt, sondern traf den Benutzer. Überhaupt kritisiert TCO, dass sich in den letzten drei Jahren beim Kommunikationsvermögen nichts zum Besseren verändert hat – die Durchschnittswerte liegen auf dem Niveau von 2001. Die SAR-Werte würden dagegen von den Herstellern laut TCO so gut versteckt, dass sie kaum zu finden seien. Obwohl seit Jahren Besserung gelobt werde, finde sich in der Hälfte der Gebrauchsanweisungen kein SAR-Wert, sondern allenfalls auf den Internetseiten der Hersteller.

Die besten Ergebnisse bei den TCO-Tests, die neben Strahlung auch Bedienungskomfort und den Gehalt von umweltschädlichen Stoffen wie Schwermetallen bewerten, hatten die Modelle LG G7100, Panasonic EB-GD87, Panasonic EB-X70 und Vodafone Sharp GX20. REINHARD WOLFF