CDU macht sich noch ein bisschen dicke

Unions-Länder lehnten im Bundesrat Gesetz zu Rente und Arbeitslosengeld zwei ab. Die kommen aber trotzdem

BERLIN taz ■ Gesetze der rot-grünen Regierung einfach akzeptieren? Nein, das kam für die Unions-Länder im Bundesrat gestern nicht in Frage. In der Sozialpolitik lehnten sie dreimal ab – die neue Rentenformel, das Gesetz zur Rentenbesteuerung und das „Optionsgesetz“. Aber ist die Union so mächtig, wie sie tut? Daran lässt sich zweifeln.

Stichwort Optionsgesetz: Es soll den Kommunen ermöglichen, ihre Langzeitarbeitslosen auf Wunsch auch allein zu betreuen. Tragisch wäre es nicht, wenn diese Variante scheitert. Schließlich soll sie „Hartz IV“ nur ergänzen, das schon verabschiedet ist. Dort ist vorgesehen, dass Arbeitsämter und Kommunen die Langzeitarbeitslosen gemeinsam betreuen, wenn ab 2005 Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt werden.

Für die Union gibt es nur noch einen kleinen Hebel: Kommunen und Arbeitsämter müssen die Daten der Empfänger von Arbeitslosen- und Sozialhilfe austauschen, wenn sie kooperieren sollen. Dieser Datenaustausch muss per Verordnung geregelt werden – die ebenfalls den Bundesrat passieren muss.

Allerdings findet die Union kaum Bündnispartner für ihren Sonderkurs. Die Kommunen sind meist nicht gewillt, die Langzeitarbeitslosen allein zu betreuen. Lieber würden sie das Regierungskonzept umsetzen – falls sie endlich Geld sehen. Ursprünglich sollten sie um 2,5 Milliarden Euro entlastet werden; inzwischen haben sie errechnet, dass sie stattdessen 5 Milliarden Euro zuzahlen müssen. Gestern zeigte sich Wirtschaftminister Wolfgang Clement (SPD) konziliant und versprach: „Wir werden einen erheblichen Beitrag zusätzlich leisten.“

Stichwort Rentenbesteuerung: Auch hier ist das Veto der Union nur begrenzt wirksam. Das Bundesverfassungsgericht hat vorgeschrieben, dass die Renten ab 2005 schrittweise zu besteuern sind, während die Rentenbeiträge zunehmend als steuerfrei gelten. Tritt das Gesetz nicht im Januar in Kraft, dürfen die Pensionen ebenfalls nicht mehr besteuert werden – ein Einnahmeverlust auch für die Länderkassen.

Gestaltungsmacht hat die Union nur bei einem Unterpunkt: bei den Kapitallebensversicherungen. Bisher sind Erträge dort steuerfrei – wenn die Verträge mindestens 12 Jahre lang laufen. Dieses Privileg wollte die Bundesregierung für Neuverträge ab 2005 streichen. Die Union hingegen will die Erträge nur zur Hälfte besteuern.

Stichwort Rentenformel: Künftig soll ein Nachhaltigkeitsfaktor wirken, damit der Beitragssatz bis 2030 nicht über 22 Prozent steigt. Die Ablehnung der Unionsländer ist allerdings uninteressant bei diesem Einspruchsgesetz: Der Bundestag kann das Veto einfach zurückweisen. ULRIKE HERRMANN