So selten wie Wasserlöcher

Auch in Deutschland gibt es noch vereinzelte unbesetzte Ausbildungsplätze – bei der Suche in der Lehrstellenwüste helfen die Pfadfinder vom Arbeitsamt. Unattraktive Stellen sind aber auch für die Spezialisten schwer zu vermitteln

taz ■ Ausbildungsplätze sind derzeit ähnlich schwer zu finden wie Wasserlöcher in der Wüste. Rolf Fenske und seine Kollegen vom Bremer Arbeitsamt schaffen es trotzdem immer wieder. Der 47-jährige Fenske ist Berufsberater für Jugendliche.

Am „Tag der Ausbildung“, der Anfang dieser Woche bundesweit stattfand, waren Fenske und 40 seiner Kollegen in schwieriger Mission unterwegs: Sie warben in Betrieben dafür, mehr Lehrstellen zu schaffen. Denn im Mai kamen in Bremen auf 847 freie Ausbildungsplätze 2.098 BewerberInnen. „Wir sind aber das ganze Jahr in Kontakt mit den Betrieben“, erklärt Fenske.

Beispiel Fruchtgroßhandel Hameico im Bremer Großmarkt: Fenske bewegt sich in den 13.000 Quadratmeter großen Hallen zwischen unzähligen Kiste voller Äpfel, Birnen, Kohl und Spargel wie in seinem eigenen Büro. Meist läuft die Zusammenarbeit zwischen dem Obst- und Gemüsegroßhändler und dem Arbeitsamt so, wie es sein sollte. Der Hameico-Personalchef Jürgen Wenzlaff stellt Fenske ein gutes Zeugnis aus: „Er weiß genau was wir wollen und schickt uns die passenden Bewerber.“ Manchmal muss sich Fenske auch um schwierige Fälle kümmern: Unattraktive Lehrstellen lassen sich immer noch schwer vermitteln. Bei den vier Azubis, die bei Hameico Groß- und Außenhandelskaufmann lernen, habe es keine Probleme gegeben, sagt Fenske. Jetzt gehe es darum eine freie Stelle als „Fachkraft Lagerwirtschaft“ zu besetzen. „15 Leute hatten sich beworben, davon sind elf gleich weggefallen – einige waren ungeeignet, andere wollten dann doch nicht“, sagt der Berufsberater. Im Lager zu arbeiten sei für viele unattraktiv. Dabei sind im letzten Jahr in Bremen von 4.500 beim Arbeitsamt gemeldeten BewerberInnen 268 ohne Stelle geblieben. Dieses Jahr sieht es nicht besser aus.

„Viele kennen nur die paar Berufe, die jeder kennt – KFZ-Schlosser, Lehrer, Kaufmann oder sie wollen nur ins Büro“, beschreibt der Mann vom Arbeitsamt die Situation. Er macht daraus niemandem einen Vorwurf. Aber er versucht in Schulen oder im Arbeitsamt über Alternativen zum Traumjob zu informieren. Er erzählt, was die Betriebe brauchen. „Oft gibt es einen Beruf, der fast die gleichen Anforderungen stellt, nur anders heißt. Den empfehlen wir dann.“ Rolf Fenske bedauert vor allem eins: „Schlimm ist es, wenn ich einem Jugendlichen sagen muss, dass er seinen Traumberuf erst mal nicht lernen kann.“

Der 23-jährige Dominik Henzen hat vor einem Jahr zwar nicht seinen Traumjob, aber eine Chance ergriffen. Er lernt Lagerwirtschaft. Was ihm an dem Job Spaß macht? Der Azubi im Blaumann überlegt lange: „Die Kontrolle der Früchte, die Organisation.“ Aber sein Traum ist es, „in der Logistik zu arbeiten – am Computer.“ Er ist skeptisch, ob das klappt. „Aber Ziele kann man sich ja stecken“, sagt er. Dominik hat einen Hauptschulabschluss. Damit ist es heute schwer: „Das hat sich alles zu den höheren Abschlüssen verschoben“, weiß Jürgen Wenzlaff. Azubi Fritz Ganz macht seine Traumlehre: Er lernt Groß- und Außenhandelskaufmann bei Hameico, konnte aber auch das Abi vorweisen. „Ich handle gern mit Früchten, denn das sind keine Auspuffanlagen. Die kann man nicht lange lagern, man muss immer dafür sorgen, dass verkauft wird“, sagt er.

Schlimm ist für Fenske, wenn er gar keinen Ausbildungsplatz locker machen kann. An diesem Tag der Ausbildung haben er und seine Kollegen gute Arbeit geleistet: 74 neue Lehrstellen haben sie eingeworben, darunter auch begehrte Berufe wie KFZ-Mechaniker oder Kaufmann. Vielleicht entscheidet sich ja doch noch jemand für die „Fachkraft Lagerwirtschaft“.

Markus Vollstedt