Kammermusiksaal aufgetaucht

Ende Juni soll der Rat über den Bau einer „kleinen Philharmonie“ entscheiden. Die Ratsleute sind von Oberbürgermeister Fritz Schramma bisher nicht ausreichend über Alternativen informiert worden

von Sebastian Sedlmayr

Der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) hat den Ratsmitgliedern der Stadt bei der Debatte um einen neuen Kammermusiksaal wichtige Informationen vorenthalten. Aus einem Brief des DeutschlandRadio-Intendanten Ernst Elitz an Schramma vom 13. Oktober 2003 geht hervor, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunksender damals der Stadt Köln die Nutzung des vorhandenen Kammermusiksaals im Deutschlandfunkgebäude am Raderberggürtel angeboten hat. Doch statt den übrigen Ratsmitgliedern von der kostensparenden Ausweichmöglichkeit zu berichten, reichte Oberbürgermeister Schramma für die Ratssitzung vom 12. Februar einen Eilantrag für den Bau eines 27 Millionen Euro teuren neuen Kammermusiksaals im geplanten Kulturzentrum am Neumarkt ein. Der Stadtrat beschloss daraufhin, die Machbarkeit eines Neubaus prüfen zu lassen.

DeutschlandRadio-Intendant Elitz lobt in seinem Schreiben, das der taz in Kopie vorliegt, die Qualität des vorhandenen Saals: „Durch die Kombination von öffentlichen Veranstaltungen, einer perfekten Übertragungstechnik und der Möglichkeit, die Veranstaltungen zugleich bundesweit auszustrahlen, ergäbe sich für die Stadt Köln ein großer Vorteil, den andere Kulturstädte so nicht vorweisen können.“ Elitz schließt sein zweiseitiges Kooperationsangebot mit den Worten: „Ich würde mich freuen, wenn wir auf diese Weise die Bewerbung der Stadt Köln um den Titel ‚Kulturhauptstadt‘ unterstützen könnten.“ Doch Elitz‘ Engagement stieß beim Kölner OB auf taube Ohren.

Kölns Projektleiter für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2010, Roderich Stumm, bestätigte, es habe im Jahr 2003 Überlegungen gegeben, den Saal im Deutschlandfunk-Gebäude zu nutzen. Doch er sei „für die Zwecke nicht geeignet“, so Stumm.

Trotz des laufenden Haushaltssicherungskonzeptes will Schramma den neuen prestigeträchtigen Kammermusiksaal mit 900 Plätzen durchsetzen. Das Architekturbüro Schneider+Sendelbach wurde beauftragt, die „Kleine Philharmonie“ in ihre Planungen für das Kulturzentrum am Neumarkt einzubeziehen. Die Architekten meldeten Ende März: „So ist derzeit geplant, den Rohbau des Musiksaals für derzeit geschätzte 9 Millionen Euro anzulegen und, wenn die Stadt oder andere Geldgeber, im Gespräch ist wohl der WDR, wieder flüssig sein werden, auch den Ausbau zu finanzieren.“

Noch in dieser Woche wollen das Kulturdezernat, die Stadtkämmerei und die Gebäudewirtschaft den Ratsmitgliedern eine Studie zum Bau des Kulturzentrums zukommen lassen. Bis zum 4. Juni muss die Verwaltung dann ihre Vorlage für einen eventuellen Baubeschluss fertig gestellt haben. In der Ratssitzung vom 24. Juni soll über den Bau der „Kleinen Philharmonie“ entschieden werden.

Kölns Regierungspräsident Jürgen Roters hatte Ende vergangener Woche von Schramma verlangt, sämtliche Investitionen mit der Bezirksregierung abzusprechen. Explizit nahm Roters Bezug auf den Kammermusiksaal. Der sei in das Kölner Haushaltssicherungskonzept noch nicht eingebunden.