Eine Art Derby

Das 0:0 zwischen Hannover und Wolfsburg offenbart die Verfehlung hehrer Ziele der Niedersachsen

Hannover taz ■ Wie nennt man die Begegnung zweier Mannschaften, die nominell aussieht wie ein Derby, aber mangels historischen Fundaments keines ist? Hannover 96 gegen VfL Wolfsburg ist so eine Begegnung, die kein „echtes“ Niedersachsen-Derby ist, der es an Credibility mangelt. Warum? Die gestylte Hymne, die natürlich auch am Sonnabend vor dem die 96er rettenden 0:0 aus den Lautsprechern mainstreamte, gibt einen Hinweis: „Sechsundneunzig / alte Liebe / Rot steht dir sehr viel besser als Gelbblau ...“. Damit ist Eintracht Braunschweig gemeint. Das wäre der Derby-Rivale. Unter den Gesetzen des medialen Fußballzirkus kann so etwas wie eine Derby-Tradition nicht mehr wachsen. Hannover gegen Wolfsburg, das ist heutzutage gewissermaßen VW gegen AWD/TUI.

Es gibt Schlimmeres, keine Frage. Zum Beispiel wäre ein Abstieg für 96 der „Super-Gau“ gewesen, wie Trainer Ewald Lienen anschließend sagte. Wohl nicht ganz so schlimm, bliebe zu ergänzen, wäre es für die am Stadionumbau beteiligten Unternehmen gewesen. Ihre Kredite sind, soweit man weiß, abgesichert. Die 23 Millionen Euro, die die öffentliche Hand beisteuert, sind sowieso weg. Aber der „Betriebskostenzuschuss“ der Stadt in Höhe von jährlich 850.000 Euro könnte bei Abstieg wie vereinbart kaum allmählich sinken.

Fußball gespielt wurde auch. In der ersten Halbzeit seitens der 96er zwar kontrolliert, aber unermüdlich meist über Jaime nach vorne. Die Wolfsburger begnügten sich mit einem griffigen Pressing sowie einem einzigen Schuss aufs gegnerische Tor. Nach der Pause ließen D'Alessandro und Menseguez in raren Momenten Artistisches aufblitzen, aber allein die Zwischenergebnisse in den anderen Stadien erzeugten Resonanz auf den Rängen, so behutsam wurde auf dem Rasen agiert.

96 plant nun die dritte Erstliga-Saison in Folge. Das ist seit dreißig Jahren nicht mehr vorgekommen. Ob ähnlich erwartungsschwanger - Stichwort UEFA-Cup - wie zu Beginn dieser Saison darf aufgrund der dargebotenen Leistungen bezweifelt werden. Auch der VfL wird erneut versuchen, die Vorgaben des VW-Konzerns in Sachen Champions League zu erfüllen. Somit wird es wieder eine besondere Art Niedersachsen-Derby geben. DIETRICH ZUR NEDDEN