Verrottende Reetdächer

In Deutschland faulen schon 1.000 Reetdächer. Uni Greifswald macht Weißfäulepilze dafür verantwortlich

BERLIN taz ■ Böse Überraschung für traditionsbewusste Hausbesitzer: Immer mehr Reetdächer verrotten schon nach rund zehn Jahren. Bislang hielten die in Norddeutschland beliebten Dächer, die aus dem nachwachsenden Rohstoff Schilf gebaut werden, etwa 50 bis 100 Jahre. In Deutschland sind nach Angaben des Landesdachdeckerverbandes Mecklenburg-Vorpommern bereits etwa 1.000 von rund 50.000 Dächern aus Reet betroffen.

Die Universität Greifswald hat jetzt die Ursache für das Dächersterben gefunden: Weißfäulepilze. Bei Versuchen habe sich gezeigt, dass von Weißfäulepilzen befallenes Reet viel schneller brüchig werde als nicht befallenes Reet, sagte gestern der Greifswalder Mikrobiologe Frieder Schauer der taz. Algen, Schwämme, Bakterien, Moose oder eingeschleppte Killerpilze schloss Schauer als Ursache weitgehend aus. Die Weißfäulepilze greifen den Stoff Lignin an, der dem Reet Festigkeit gibt. Mögliche Ursachen für das häufigere Auftreten der Pilze könnten der Klimawandel, die Luftverschmutzung, bauliche Mängel oder auch eine veränderte Qualität des Reets sein, so Schauer. Die Nachfrage nach dem Baustoff sei in Deutschland so groß, dass die heimischen Ernten nicht mehr ausreichen, um alle Wünsche zu bedienen, so Schauer. Dies führt dazu, dass immer mehr Reet aus entfernten Ländern kommt – zum Beispiel aus der Türkei, China und Ungarn. MAX ZIMMER