JENNI ZYLKA über PEST & CHOLERA
: Mein elektrischer Mitbewohner

Die Zukunft ist da! In meiner Wohnung! Es ist der „Sauger der Zukunft“, und er demoliert gerade meine Einrichtung

Wie gerne würde ich berichten, dass auf meinem Fußboden keine Flusen mehr zu finden sind, seit ich den fantastischen, automatischen, schnurlosen, selbsttätig die Richtung ändernden Robo-Maxx-Saugroboter geschenkt bekommen habe, den „Sauger der Zukunft“. Dass der Teppich strahlt wie neu und ich auf den blitzenden Küchenfliesen jetzt jeden Morgen mein Müsliobst schnipple, einfach nur, weil ich es kann. Und dass ich mich nie mehr alleine fühle, denn wenn ich nach Hause komme, fährt da schon ein mechanischer Haushaltshelfer herum und gibt mir das Gefühl, einen Mitbewohner zu haben oder zumindest ziemlich nahe dran an Doris Day in „Spion in Spitzenhöschen“ zu sein, in dem sie in Rod Taylors automatischer Küche beim Käsekuchenbacken fast von einem Putzroboter angefressen wird.

Aber so ist es nicht mit dem Robo Maxx. Zugegeben, er sieht wirklich prima aus, wie eine süße, elektronische Riesenkakerlake mit zwei kleinen, schwarzen Fühlern da, wo vorne sein soll, und drei viereckigen Knöpfen mit A, B und C auf seinem Rücken: A steht für kleine Räume, B für mittlere und C für große, erklärt die Bedienungsanleitung. Beim ersten Gebrauch in meinem eher mittelmäßig geräumigen Wohnzimmer wollte ich noch protzen und drückte darum großspurig C, bevor ich ihn auf Start schaltete. Robo Maxx düste los, hielt direkt auf meinen Lautsprecherboxenständer und rammte ihn so, dass die Box herunterpolterte und mit ihr tausende von darauf lebenden Staubmäusen. Macht nix, beruhigte ich den Robo, die kannst du ja gleich wieder aufsaugen! Doch der Robo Maxx versagte schon beim ersten Fussel. Er schien ihn überhaupt nicht wahrzunehmen, fuhr einige Male ergebnislos darüber und schunkelte dann in die Ecke mit dem Standaschenbecher, um die nächsten zwanzig Minuten mit lautem Surren um ihm herumzufahren.

Ob er sehen kann und merkt, dass ich nur angegeben habe, dachte ich, und schaltete den Robi-Zimmergrößenwahlschalter kleinlaut auf B. Aber der Roboter war schon verstimmt: Er fuhr, ohne die Zigarettenasche von letzter Woche und die alten Kuchenkrümel zu beachten, zum Fenster und knallte gegen die Wand. Auch ein Versuch in der Küche schlug fehl. Ich hatte das Gefühl, dass der Robo Maxx die paar vielleicht doch aus Versehen eingesaugten Flusen aus dem Wohnzimmer zur Strafe unter den Küchentisch pustet.

Natürlich gebe ich den Robo Maxx trotzdem nicht zurück. Ich bin erstens nicht nachtragend, und zwotens hat man nicht so oft die Gelegenheit, die tollen Sachen aus den Dauerwerbesendungen wirklich einmal auszuprobieren. Allerdings frage ich mich, ob das rosafarbene Super-Oxi-Sauerstoffreinigungssystem, mit dem man alles vom verschimmelten Grillrost bis zum Babypo problemlos sauber bekommt, vielleicht die bessere Wahl gewesen wäre. Andererseits kann man mir ja auch nicht jeden Unfug erzählen!

Hervorragende Erfahrungen habe ich jedenfalls mit den Waschnüssen gemacht. Diese Waschnüsse sind sozusagen das Super-Oxi-Sauerstoffreinigungssystem der Dritten Welt und werden für alles von der rituellen Waschung bis zum Opiumpfeifenausspülen benutzt. Das ist die Gebrauchsanleitung: Man knackt vier bis sechs Nüsschen und füllt die Schalen in ein kleines Säckchen, das mit in die Waschmaschine gesteckt wird. Die Wäsche wird ziemlich sauber, die Schalen darf man sogar für eine zweite Maschinenfüllung benutzen, und aus dem Rest kann man die lieben Kleinen bestimmt noch ein paar Öko-Streichholz-Männchen basteln lassen, da bin ich sicher.

Eine Pleite wäre natürlich, wenn jetzt herauskäme, dass der Anbau der Waschnüsse durch die Monokultur die natürliche Umgebung irgendwelcher Bauernvölker kaputtmachte, die eigentlich gerade endlich aus dem Opiumanbau aus- und ins legale und globale Waschnussbusiness einsteigen wollten. Am besten gar nicht ins nächste Greenpeace-Magazin gucken. Oder ich schwenke in meiner Waschmittelwahl schnell noch um. Auf Studentenfutter.

Fragen zu Robo Maxx? kolumne@taz.de Morgen: Peter Ahrens über PROVINZ