Truppenverschiebung von Seoul nach Bagdad

US-Soldaten sollen von der innerkoreanischen Grenze in den Irak verlegt werden. Ob sie zurückkommen, ist offen

TOKIO taz ■ 4.000 US-Soldaten sollen von Südkorea in den Irak verlegt werden. Einen entsprechenden Bericht der New York Times bestätigte gestern ein Sprecher des Pentagon in Washington. Das südkoreanische Außenministerium wollte zuvor lediglich bestätigen, beide Seiten hätten Gespräche über Abzugspläne aufgenommen. „Da sich die Lage im Irak verschärft hat, sprachen die USA von der Notwendigkeit, einige Soldaten abzuziehen“, sagte ein Beamter in Seoul. Ob die Soldaten später wieder nach Südkorea zurückkehrten, sei unklar. Nach unbestätigten Meldungen reiste der stellvertretende US-Sicherheitsberater Steve Hadley nach Seoul, um Außenminister Ban Ki Moon über die Pläne zu informieren.

Nach südkoreanischen Zeitungsberichten werden Einheiten in den Irak verlegt, die bisher an der innerkoreanischen Grenze stationiert waren. Eine Sprecherin der US-Streitkräfte in Südkorea lehnte es ab, mögliche Truppenverschiebungen zu kommentieren. An der Kampfbereitschaft auf der koreanischen Halbinsel werde festgehalten. Seit Ende des Koreakrieges (1950–1953) sind US-Truppen zur Abschreckung des Nordens in Südkorea stationiert, gegenwärtig 37.000 Soldaten. Washington und Seoul hatten sich bereits früher geeinigt, mehrere tausend US-Soldaten von der stark bewachten innerkoreanischen Grenze ins Hinterland zu verlegen und die große Basis in der Hauptstadt Seoul zu schließen.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte schon vor dem Irakkrieg angekündigt, die Truppenpolitik in Ostasien würde überprüft. Südkoreas Haltung gegenüber den US-Truppen ist sehr ambivalent: Sie werden gelegentlich als Besatzer beschimpft. Dennoch wurden Abzugspläne bisher oft mit großer Nervosität verfolgt und als fehlende Treue interpretiert.

Südkoreas Regierung hat Washington versprochen, weitere 3.000 Soldaten in den Irak zu entsenden. Südkorea würde damit nach den USA und Großbritannien das drittgrößte Kontingent stellen. Mehrere hundert südkoreanische Soldaten sind bereits im Irak, für medizinische und logistische Aufgaben.

Ob Seoul trotz der jüngsten Abzugspläne noch zu seinem Versprechen steht, bleibt abzuwarten. Der Entscheid darüber ist mehrfach verzögert worden. Einzelne Politiker haben in den vergangenen Wochen vorgeschlagen, sich finanziell am Wiederaufbau im Irak zu beteiligen, aber auf weitere Truppenentsendungen zu verzichten. Präsident Roh Moh Hyun ist erst seit letztem Freitag wieder im Amt, nachdem das Verfassungsgericht ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Staatschef für ungültig erklärt hat.

MARCO KAUFFMANN