Proteste im Iran gegen die Besatzung Iraks

Als Reaktion auf die Kämpfe in Nadschaf ruft Irans Staatsführung für Mittwoch zu landesweiter Demonstration auf

BERLIN taz ■ Die Staatsführung der Islamischen Republik Iran hat die Bevölkerung zu einer landesweiten Demonstration gegen die Angriffe auf die heiligen Städte im Süden Iraks aufgerufen. Wie die studentische Nachrichtenagentur Isna berichtet, sollen die Demonstrationen am Mittwoch stattfinden.

Anlass zu diesem Aufruf waren die Kämpfe am vergangenen Freitag in Nadschaf, bei denen, in der Umgebung des Heiligen Schreins des Imam Ali größere Sachschäden entstanden waren. Der Schrein gehört zu den wichtigsten Heiligtümern der Schiiten. Am Sonntag protestierten rund sechshundert Studenten, die der konservativen Basidschi-Organisation angehören, vor der britischen Botschaft in Teheran gegen die Besatzung Iraks.

Sie hielten Spruchbänder hoch, auf denen der britische Premierminister Tony Blair und US-Präsident George W. Bush als „Kriegsverbrecher“ und „Mörder“ bezeichnet wurden und verbrannten die Flaggen der USA und Israels. Als die Demonstranten die Botschaft stürmen wollten, wurden sie von der Polizei zurückgedrängt. Ein Studentensprecher kündigte an, die Demonstration werde täglich fortgesetzt, bis die Gefangenen im Bagdader Abu-Ghraib-Gefängnis freigelassen würden. Nach Angaben des britischen Außenministeriums wurde bei der Demonstration niemand verletzt.

Auch Revolutionsführer Ali Chamenei hatte am Sonntag die USA wegen der Angriffe auf die heiligen Städte der Schiiten im Irak scharf kritisiert. „Die Muslime werden die dreisten militärischen Attacken der US-Streitkräfte gegen schiitische Heiligtümer und die Bombardierung des Friedhofs, in dem führende Persönlichkeiten unseres Glaubens ruhen, nicht dulden“, sagte er und fuhr fort: „Auch der würdelose Umgang mit den Gefangenen ist nicht hinnehmbar. Die Schandtaten im Abu-Ghraib-Gefängnis sind für die Amerikaner ein Schandfleck, der sich so bald nicht beseitigen lässt.“

Außenamtssprecher Hamid Reza Assefi verurteilte das Vorgehen der Besatzungsmächte im Irak und drohte, die islamische Welt werde auf die Entwürdigungen entsprechend reagieren. „Die Amerikaner haben den Irakern Demokratie und freie Wahlen versprochen, doch sie haben dem Volk nichts beschert als Folter und Missachtung der nationalen Interessen des Landes.“

Iran hatte vor wenigen Wochen auf Bitten der USA im Irak zu vermitteln versucht. Die Delegation kehrte ohne Ergebnis zurück. Dazu meinte Assefi: „Man kann nicht zwischen Besatzern und einem Volk, dessen Land besetzt worden ist, vermitteln.“

Dennoch ist Iran im Irak nicht untätig. Allem Anschein nach verfolgt die Islamische Republik eine Doppelstrategie. Auf der einen Seite werden die Widerstandskämpfer um den schiitischen Geistlichen Muktada al-Sadr unterstützt und auf der anderen Seite bemüht sich Teheran um die Lösung der Konflikte. Je größer die Konflikte, desto wichtiger die Rolle Irans, ist das Kalkül der herrschenden Konservativen. BAHMAN NIRUMAND