Menschenrechte
: Vergiftetes Land, Privatmilizen, Generalstreik

„Nigeria ist kein sicheres Land“

„Nigeria ist sicher“, behaupten deutsche Behörden in Übereinstimmung mit Diplomaten, die sich das Land aus kugelsicheren Autos angeguckt haben. Das erzählte gestern Kayode Ogundamisi, ein langjähriger Politaktivist für demokratische Strukturen in Nigeria, der mittlerweile einen britischen Pass hat. Er informierte gestern auf Einladung des Bremer Internationalen Menschenrechtsvereins über die aktuelle Situation in dem afrikanischen Land.

Tatsächlich sei es so, dass sich mit der gewählten Regierung Olusegum Obasanjo die Situation seit der Militärherrschaft nicht gebessert habe, zumal die Wahlgewinner in einigen Wahlbezirken mehr Stimmen bekamen als insgesamt WählerInnen in den Verzeichnissen registriert waren. „Nigeria ist definitiv kein sicheres Land“, betonte Ogundamisi. Als Beispiel berichtete er von drei Jugendlichen aus dem Dorf Odi, die Soldaten angegriffen hätten. Statt die Täter einem regulären Gerichtsverfahren zuzuführen sei die Armee angerückt und hätte das Dorf ausgelöscht. In dem Ort Zaku Biam sei Ähnliches geschehen. Die erschreckende Bilanz: etwa 2.000 Tote.

Er selbst sei, trotz britischem Pass, am 11. Mai am Flughafen verhaftet worden, sein Ausweis einbehalten. Ohne Nennung von Gründen, ohne Kontakt zu einem Anwalt hätten ihn die nigerianischen Behörden zwei Wochen lang festgehalten. Ogundamisi betont, dass sein großer Bekanntheitsgrad in Nigeria zu seiner Freilassung beigetragen habe.

Aktuell setzt sich der ehemalige Generalsekretär der Oodua Peoples Congress (OPC) für den nigerianischen Akademiker Donny Ohia ein. Der war 1997 nach Deutschland geflohen, wurde hier aber nicht als politisch verfolgt anerkannt. Er hatte Texte über die Vergiftung von Böden und Trinkwasser durch die Mineralölkonzerne im Nigerdelta veröffentlicht. Die Folge: Er musste vor deren privaten Milizen flüchten.

Ogundamisi informierte außerdem über die Hintergründe des gestrigen Generalstreiks, der ganz Nigeria lahm legte. Auslöser dafür war eine fast 60-prozentige Benzinpreiserhöhung, derzufolge sich viele NigerianerInnen kein Benzin mehr leisten können. Der im Bremer Menschenrechtsverein engagierte nigerianische Gewerkschafter Anthony Edeh erklärte, dass hinter dem nationalen Protest der Versuch stehe, die Regierung dazu zu bewegen, über den Verbleib von Millionensummen Auskunft zu geben. Edeh veranschaulichte: Präsident Obasanjo hatte versprochen, in bestehende, aber nicht arbeitsfähige Ölraffinerien 21 Millionen Dollar zu investieren. Das Geld ist ausgegeben, die Raffienerien arbeiten immer noch nicht. Würden die Verantwortlichen Auskunft geben, hieße das, dass sie die eigene Korruptheit zugeben würden, sagt Edeh. ube