„Die Leute wollen das Licht am Ende des Tunnels sehen“

Nur wenn ein Ende des Krieges absehbar ist, wird die US-Bevölkerung die hohen Verluste langfristig akzeptieren, meint der Konfliktforscher Andrew Mack

taz: Professor Mack, während des Vormarschs des US-Militärs auf Bagdad im letzten Jahr warnten Sie im Gespräch mit dieser Zeitung vor den Gefahren der kommenden Besatzung. Sind wir an dem Punkt angelangt, an dem eine Eskalation den US-Streitkräften nicht mehr helfen kann?

Andrew Mack: Wenn die Amerikaner dazu bereit sind, Kräfte zu investieren, denke ich, dass sie in der Tat die Aufständischen besiegen. Es sieht nicht so aus, als hätten diese überwältigende Unterstützung. Militärisch sieht es nicht schlecht aus, an der politischen Front haben die USA aber große Probleme. Der Hauptpunkt ist: Selbst wenn die Amerikaner taktisch erfolgreich sind, wird der politische Preis langfristig sehr hoch sein.

Gibt es tatsächlich die oft angeführten Parallelen zum Vietnamkrieg?

Vorausgesetzt, die Aufständischen verlieren nicht und können ihrem Gegenüber Verluste beibringen, hat dies bislang immer dazu geführt, dass die Unterstützung für den Krieg abfällt, sobald die Opferzahlen anstiegen. Das war so bei den Amerikanern in Vietnam, den Franzosen in Indochina oder Algerien und bei den Portugiesen in Afrika. Es fällt auf, dass dieser Prozess im Fall Iraks sehr viel schneller abläuft als im Vietnamkrieg. Und dies obwohl die absolute Zahl von Opfern sehr viel geringer ist. Als Folge dessen ist die Unterstützung für Bush seit April letzten Jahres ja stetig gesunken.

Diese Entwicklung muss nicht zwangsläufig so weitergehen.

Wenn es plötzlich eine Gewaltexplosion gibt, kann es sogar einen Anstieg der Unterstützung für den Präsidenten geben. In den USA nennt man dies das „rally round the flag syndrom“. Das funktioniert sogar bei kompletten militärischen Desastern. Jimmy Carters Umfragewerte gingen nach der gescheiterten Geiselbefreiung im Iran hoch, auch John F. Kennedy hatte nach dem Schweinebucht-Desaster gute Umfragewerte.

Kann das bei dauerhaft hohen Opferzahlen in den eigenen Reihen funktionieren?

Es kann auch dann funktionieren, wenn die USA zwar einerseits Verluste hinnehmen müssen, andererseits aber der Eindruck vorherrscht, sie würden gewinnen. Es funktioniert aber nicht in einer Lage, in der es Verluste unter US-Truppen gibt, gleichzeitig die Leute aber nicht das Licht am Ende des Tunnels sehen können. In solch einer Situation schwindet die Unterstützung für die Regierung. INTERVIEW: ERIC CHAUVISTRÉ