Natursauer macht lustig

Der Bochumer Verein ‚slow baking e.V.‘ macht sich für eine Rückkehr zum besinnlichen Backen stark

BOCHUM taz ■ Wer Georg Kretzschmar über Brot sprechen hört, der merkt schnell, dass der Sprecher der Bäckerinnung Rhein-Ruhr ein inniges Verhältnis zu seinem Produkt hat. „Brot kann man nicht substituieren“, sagt Kretzschmar, „Nur Brot wird von Menschen für Menschen gemacht.“ Dass er sich im Verein ‚slow baking e. V.‘ angemeldet hat, ist für den Düsseldorfer Bäckermeister selbstverständlich.

Dass sich Kretzschmar im Verein engagiert, begründet er so: „Natürlich könnte ich beim Brot den Preiskampf mitmachen“ sagt er, aber das wäre dann eine unternehmerische Entscheidung. Die sei beim Produkt Brot nicht zu empfehlen. „Da bevorzuge ich die kulturelle Entscheidung.“ Den Menschen den Wert von Brot und Brötchen wieder näher zu bringen, ist das Anliegen von ‚slow baking‘. „Der Verein hat mittlerweile rund 200 Mitglieder“, sagt Vereinsvorstand Hermann Kleinemeier. Zielsetzung sei es, sich gegenüber Discountern und Industrie darzustellen und den Billig-Bäckern eine Qualitätsoffensive entgegenzusetzen, erläutert Kleinemeier. Dafür müsse wieder darauf geachtet werden, dass den Teigen wieder die Möglichkeit gegeben werde, sich zu entwickeln. „Wenn sie ihre Produkte im zarten Plusbereich lagern, haben die Enzyme viel mehr Zeit, sich zu entfalten“, erläutert Kleinemeier die neue Langsamkeit in der Backstube. Teiglinge aus der Industrie kommen meist gefroren an, und werden dann sehr schnell aufgetaut. Die Langsamkeit habe früher auch praktischen Nutzen gehabt, sagt Kleinemeier: „So haben sie Hefe gespart.“

Der Verein will mit Seminarangeboten und einer Mitgliedszeitschrift den Handwerksbäckern unterstützend unter die Arme greifen. „Es gibt auch ein Logo und Aufkleber, ein Bronzeschild“, sagt der Vereinsvorstand. Schließlich solle der Verein auch nach außen kommunizieren. Produkte will ‚slow baker‘ seinen Mitgliedern aber nicht vorschreiben. Deklarationsfrei sollen die ‚slow-baking‘-Waren sein und Bäckereien, die Vereinsmitglieder sind, sollten sich verpflichten, den Anteil an Vormischungen und Convenience-Artikeln im Angebot konsequent zu verringern.

Für die Überprüfung der Bäckereien sollen dann verschiedene Teams die Vereinsmitglieder besuchen und beraten. Das könne dann auch dazu führen, dass das Brotsortiment geringer werde, erläutert Kretzschmar. „Denn wenn sie ohne Zauberpülverchen backen, können sie nicht mehr jede Brotsorte anbieten“, sagt er. Das sei aber auch nicht nötig, der Kunde merke den Nachteil des Pulvers sehr schnell, „denn das Kunstsauer bekommt dem Körper nicht, weil die körpereigenen Enzyme mit dem Quatsch nichts anfangen können.“ ELMAR KOK