Brüssel zahlt keine Rente

Daniel Cohn-Bendit will europäische Förderprogramme stärker kontrolliert wissen. Schwarz-grün in NRW ist für ihn vor allem ein mathematisches Problem. Der Europagrüne im Redaktionsgespräch

AUS ESSEN CHRISTOPH SCHURIAN

Die europäischen Grünen fordern, die Förderprojekte der Europäischen Union künftig stärker zu kontrollieren. Der bundesdeutsche Spitzenkandidat Daniel Cohn-Bendit setzt dabei auf Organisationen, die nicht darauf abzielen, die Strukturhilfe fortzuschreiben: „ Wir müssen eine unabhängige Begleitung organisieren“, so Cohn-Bendit im Redaktionsgespräch mit der taz nrw. Im nächsten Europäischen Parlament werde seine Fraktion dazu eine Initiative starten.

Den Entwurf des ehemaligen EU-Kommissars und jetzigen französischen Außenministers Michel Barnier zur Zukunft der europäischen Strukturhilfe begrüßt Cohn-Bendit: „Ich finde es richtig, dass auch die strukturschwachen Regionen in den westeuropäischen Ländern gefördert werden“. Barniers Bericht will zwischen 2007 und 2012 die ärmsten EU-Länder mit jährlich bis zu 40 Milliarden alimentieren, auch strukturschwache Regionen in den Alt-Mitgliedsländer können mit regionaler Strukturhilfe rechnen. Derzeit kämpft die NRW-Landesregierung darum, dass in das Ruhrgebiet und den Kreis Heinsberg auch nach 2006 EU-Fördermittel fließen.

Scharf warnte der Europa-Parlamentarier die Förderregionen davor, sich auf den Zuschüssen auszuruhen. „Die Subventionen sind keine Rente“, so Cohn-Bendit. Sinn der Förderungen sei es, eine Situation zu schaffen, wo es keine Subventionen mehr brauche: „In Deutschland werden Subventionen oft behandelt wie Naturgesetze“, sagte Cohn-Bendit – es gebe Sonne, Mond, Regen sowie „die Eigenheimzulage oder die Steinkohleförderung.“

Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundesfinanzminister Hans Eichel wirft Cohn-Bendit eine „Geizkragengeschichte“ vor – die Bundesregierung möchte das Wachstum des EU-Haushaltes begrenzen. Cohn-Bendit findet das eindimensional: „Viele Regionen könnten ohne die EU-Gelder nicht mehr investieren“. Wenn Schröder sich dafür stark macht, den EU-Haushalt zu kürzen, streicht er zugleich Investitionen in Förderregionen wie das Ruhrgebiet.

Die Zukunft Nordrhein-Westfalens ist für Cohn-Bendit eng mit der Entwicklung der SPD verbunden. Wie die CDU in Bayern, fühlten sich die NRW-Sozialdemokraten als Inbegriff des Bundeslandes – anders als die CSU habe sich die SPD aber kaum modernisiert: „Entweder die SPD erneuert sich, oder sie wird abgewählt“, glaubt Cohn-Bendit. Eine „sinnvolle“ Konstellation sei für ihn ein schwarz-grünes Bündnis: „Das aber ist ein mathematisches Problem“, so Cohn-Bendit. Komme die FDP in den Landtag, gebe es bei den nächsten Landtagswahlen 2005 auch rechnerisch kaum eine Chance auf eine schwarz-grüne Landesregierung.