Freies Logis für Kulturhauptstadt-Besucher

Kulturmanager Gregor Leschig sammelt Ideen, mit denen Kölnerinnen und Kölner ihre Stadt zur Kulturhauptstadt Europas 2010 machen wollen. Morgen entscheidet sich, ob Köln der Kandidat für Nordrhein-Westfalen wird

KÖLN taz ■ „Ein bemerkenswerter Schatz an Phantasie!“. So bewertet Kulturmanager Gregor Leschig das Ergebnis seiner Aktion „Köln Kulturhauptstadt Europas 2010 – Wir nehmen teil!“ Anders als die Bewerbungs-Offiziellen hatte er nicht nur Funktionsträger oder „die üblichen Verdächtigen“ befragt, sondern sich mit einem Fragebogen an alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt gewandt. Er wollte wissen, was sie von einer Kulturhauptstadt erwarten und was sie dafür bieten können. Einen Teil der Ergebnisse stellte er am Montag im Kölnischen Stadtmuseum vor.

Der erste Eindruck: Bürgerbeteiligung ist schön, macht aber viel Arbeit. So hatte nur eine Handvoll Interessierter den Weg ins Museum gefunden, obwohl Leschig mit dem Themenschwerpunkt „Orte, an denen Kultur stattfinden könnte“ ins Wespennest stach. Denn Kölner Künstler klagen schon seit Jahren über den Mangel an Proberäumen oder Ateliers. Leschigs Befragung zeigte zum Teil überraschende Möglichkeiten: die ehemalige Bundesbahndirektion, der Messeturm, die Halle Kalk, ehemalige Tankstellen, die Pavillons im Rheinpark, Klein St. Martin, leer stehende Schulen. Das Publikum war sich einig, dass die Vorschläge nicht 1:1 umgesetzt werden können. Doch sollten sie zumindest als Ausgangspunkt ernst genommen werden.

Der Erfahrungsaustausch brachte weitere Schwächen der Stadt zum Vorschein. So konstatierten die Anwesenden die fehlende Kommunikation zwischen den verschiedenen Ämtern, die sich zum Beispiel nicht über freie Räume informieren. Zum anderen, so die überwiegende Meinung, hätten die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung „Angst vor Brachen“ – und auch vor Kultur – und verlagerten Verantwortung und Entscheidung lieber an private Ideengeber oder Investoren. Statt etwa den Künstlern auf dem stadteigenen Clouth-Gelände langfristig Arbeitsraum zu garantieren, werde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, bei dem die Vorgabe für Ateliers fehle. Bemängelt wurde auch der Widerspruch zwischen Worten und Taten der Stadt. Zwar stehe in der Bewerbungsschrift das Ziel, Kinder und Jugend zu Kultur hinzuführen, gleichzeitig aber würden die Bürgerzentren kaputtgespart, klagte Anne Grose von der Alten Feuerwache. „Dabei leisten wir jetzt schon den Großteil an kulturpädagogischer Arbeit.“

Ob seine Aktion angesichts städtischer Nichtbeachtung nicht vergeblich war? „Nein“, sagt Leschig, auch wenn die Stadt hier „bürgerschaftliches Engagement verpasst“ habe. Er ist überzeugt: „Wird Köln als Bewerber Nordrhein-Westfalens ins Rennen geschickt und gar Bundessieger, wird garantiert die ein oder andere Idee geklaut.“ Etwa das Angebot vieler Kölner, einem Besucher der Kulturhauptstadt freies Quartier und eine persönliche Führung zu bieten.

Ob diese Angebote wahrgenommen werden können, hängt zunächst von der Entscheidung auf Landesebene ab, die NRW-Kulturminister Michael Vesper morgen fällt. Heute kommt er mit seiner Jury zur Besichtigung nach Köln. Da rechnet die Stadt mit breiter Unterstützung aus der Bevölkerung. „Wir wollen das – wir schaffen das!“ gibt sie als Motto aus und appelliert an alle, „sich um 17.30 Uhr zahlreich auf dem Roncalliplatz einzufinden“, um die Bewerbung „kraftvoll zu unterstützen“. Jürgen SCHÖN

www.gregorleschig.de