Zeichentrickfilme, gar nicht süß

Bei Zeichentrickfilmen denkt man meistens an putzige kleine Disney-Tiere. Mit großen runden Augen purzeln und wackeln sie durch die Welt und bestehen Abenteuer für die ganze Familie. Weniger bekannt ist, dass es daneben im Amerika der 30er und 40er Jahre eine ganz andere Zeichentricktradition gab. Die Helden hießen Cap‘n Cubs oder Screwy Squirrel, und sie waren alles andere als niedlich. Cap‘n Cabs ist ein kleiner Bär, der mit seinem Maschinengewehr auf Japaner schießt (man schrieb 1944), und das süße Streifenhörnchen kam auf den Index, weil es den Zensurbehörden zu psychotisch war. Der New Yorker Filmesammler Dennis Nyback hat sich in die Cartoons dieser Epoche vernarrt, am Freitag (22.30 Uhr) stellt er im Abaton ausgewählte Exemplare seiner Sammlung vor. Darunter ist eine Rotkäppchen-Variante, in der Hund Bimbo den Wolf tötet, häutet und sich dessen Fell über die Ohren zieht, um zu Rotkäppchen ins Bett zu gelangen. Die meisten dieser Filme waren schon immer für Erwachsene gedacht, viele landeten trotzdem auf der Liste der verbotenen Filme. Es war, als ob Amerika die alltägliche Gewalt, erst auf den Straßen und später auch im Krieg, im Kino nicht ertragen konnte. Ähnlich wie es auch die Bilder aus dem Irak-Krieg sind, die die amerikanische Öffentlichkeit irritieren, und nicht so sehr der Irak-Krieg selbst. „Cartoons – Too Violent for Children“ heißt die Veranstaltung warnend, womöglich dreht sich aber auch dem einen oder anderen Erwachsenen der Magen um. Wer nach dem Abend im Abaton nicht genug hat, geht am Samstag (20.30 Uhr) ins B-Movie, wo Dennis Nyback beim Japanischen Filmfest die rassistischsten Propaganda-Cartoons aus dem Zweiten Weltkrieg gegeneinander antreten lässt. wie