Augenblicke aus der Hüfte

Knipsen statt knapsen: Bremen hat sich zur Lomographie-Hochburg entwickelt. & jeder darf mal ran

Möglichst nah ran, Kamera in der Hüfte, nicht durch den Sucher gucken. Auslösen und überraschen lassen. Ursprünglich stellte die „Leningradskoje Optiko Mechanitschéskoje Objedinjénie“ (LOMO) Fotoapparate für den Sowjet-Geheimdienst her. Kompakte Kleinbild-Kameras mit Belichtungsautomatik und festem Fokus, so groß wie die aktuellen Modelle japanischer Hersteller. Inzwischen ist die so genannte Lomographie als Lifestyle-Trend in der Freizeitgesellschaft angekommen. Statt des politischen Feindes steht nun der Alltag vor der Linse. Hergestellt wird die Lomo immer noch in St. Petersburg. Die wachsende Fangemeinde hat sich weltweit zur Lomographischen Gesellschaft zusammengeschlossen und vernetzt: www.lomography.com. In Berlin kümmert sich der offizielle Lomographische Botschafter um die Belange des Schnappschusses. Viele Fotos in kurzer Zeit: Eine ungebändigte Bilderflut zeichnet die Lomo-Ästhetik aus.

Für die sollen sich jetzt auch BremerInnen begeistern. Vor dem Steintor 63 hängen in einem ehemaligen Reisebüro Bilder der Bremer Stefan Stolte und Natalie Farina Simon. Im Juni fliegt Stolte zum Kongress der weltbesten Lomographen nach Peking. Letztes Jahr hat er den Freestyle-Wettbewerb der Lomographischen Weltliga gewonnen. Und zwar mit dem Bild eines Hundes, der neugierig in die Kamera blickt (siehe Foto).

Die Spontan-Fotografien sind so vielfältig wie effektvoll. Einige Bilder bestechen durch grelle Farben, andere wiederum erscheinen dokumentarisch. Bei einem Verbrauch von mindestens zehn Filmen pro Monat lomographiert der Discounter mit. Die unzuverlässige Entwicklungs-Qualität im Großlabor ist Teil des Zufallsprinzips. Ausschuss gibt es kaum. Die achte der zehn goldenen Lomo-Regeln lautet: „Du musst nicht im Vorherein wissen, was auf deinem Film drauf ist.“ Regeln Nummer eins und zwei: „Nimm deine Lomo überallhin mit“ und „verwende sie zu jeder Tages- und Nachtzeit“.

Diesen Freitag wird im Rahmen der Ausstellung ein Wettbewerb ausgetragen. Neben Kinogutscheinen und Zubehör sind Lomo-Kameras zu gewinnen. Gegen ein Pfand und die Vorlage des Personalausweises kann jede/r eine Lomo ausleihen und drauflosknipsen. Von 18 Uhr bis Mitternacht soll abgelichtet werden, was irgendwie mit vorgegebenen Filmtiteln zu tun hat. Im Startgeld von etwa 12 Euro sind Film und Entwicklung inklusive. Die Preisverleihung findet am 28. Mai statt. Axel Lerner

Lomographie-Ausstellung: Vor dem Steintor 63, Wettbewerb am Freitag, den 21., 18-24 Uhr. Infos und Anmeldung unter ☎ 01 72 - 420 96 80. Bis Ende Mai