DKP übte für den Kampf um Westdeutschland

Mitglieder der Deutschen Kommunistischen Partei wurden in der DDR militärisch geschult. Das zeigen Akten der Birthler-Behörde. Im Osten sprengte die Zonen-Guerilla Telefonmasten, im Westen schlich sie nur durch den Wald

BERLIN taz ■ Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) hat bis zur Wende eine paramilitärische Truppe für den Kampf in Westdeutschland ausbilden lassen. Das bestätigen jetzt untersuchte Akten der Stasiunterlagenbehörde, sagte Behördenchefin Marianne Birthler. Ermittlungen gegen die Freizeitguerilleros gebe es derzeit nicht.

„Jetzt wissen wir mehr über das Training und die Entstehungsgeschichte dieser Gruppen“, sagte Christian Boos, Sprecher der Birthler-Behörde, der taz. Man habe auch Namen aus der ehemaligen DKP-Führung gefunden. Wer diese allerdings erfahren wolle, müsse Einsicht in die Akten beantragen.

Bereits kurz nach dem Zusammenbruch der DDR waren Hinweise auf die Existenz der DKP-Partisanen aufgetaucht. Gegenüber dem Spiegel hatten ehemalige NVA-Offiziere schon 1991 zu Protokoll gegeben, sie hätten junge Westler in der Nähe des brandenburgischen Springsees trainiert – für den Kampf in der BRD. Weil so etwas laut Völkerrecht verboten ist, hielt die DDR-Führung die DKP-Kämpfer auch im eigenen Land streng geheim. Kaum jemand in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und der Nationalen Volksarmee (NVA) wusste von dem Projekt. Erich Mielke, Chef des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), NVA-Chef Heinz Hoffmann und andere ausgewählte Mitglieder des Politbüros überwachten persönlich die Ausbildung und Versorgung der Rekruten.

In Zusammenarbeit mit einem „DKP-Militärrat“ schleuste das MfS Leute vom Westen in die DDR; bekochte sie im Arbeiter-und-Bauern-Staat. Bezahlt wurde alles über Konten der Staatssicherheit. Birthler-Sprecher Boos sagt auch, dass die ersten Kämpfer schon kurz nach Gründung der DKP ausgebildet worden seien – Anfang der 70er-Jahre.

Die DKP-Führung wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Die Partei hat die Ausbildung von Kampfgruppen bislang immer bestritten. „Das passt nicht zur Strategie der Partei“, meint auch heute noch Wolfgang Gehrcke. Gehrcke war Ende der 70er-Jahre DKP-Chef in Hamburg und saß auch im Präsidium der Partei. „In einer Partei bleibt nichts geheim“, sagte Gehrcke der taz, „davon hätten wir erfahren.“

Allerdings haben Ex-DKPler nach der Wende auch den jetzigen Europa-Kandidaten Heinz Stehr schwer belastet – Stehr soll ebenfalls zu den West-Wehrsportlern gehört haben. 1995 gab es in Frankfurt/Main einen Prozess gegen 14 ehemalige DKP-Kämpfer. Alle wurden freigesprochen, vier von ihnen bekamen Geldstrafen von bis zu 2.500 Euro, obwohl ihnen wegen „Agententätigkeit zu Sabotagezwecken“ bis zu fünf Jahre Haft gedroht hatten. Allerdings stellte auch die Staatsanwaltschaft fest, dass die Speerspitze des sozialistischen Kampfes im Westen ein müder Haufen war. Im Ausbildungscamp im Osten durften sie ab und an einen Telegrafenmast sprengen, im Westen schlichen sie durch den Wald.

„Wenn das noch nicht einmal im Politbüro alle wussten, dann war es sicherlich auch nicht der DKP-Führung bekannt“, sagt Gehrcke , „das muss ein kleiner Kreis gewesen sein, der mit der eigentlichen Strategie der Partei nichts zu tun hatte.“ Zu diesem Kreis gehörte wohl auch der Ex-Chef der DKP-Jugendorganisation, Willi Herrmann. Der hatte unter dem Decknamen „Lothar Oertel“ beim Schleusen der Kämpfer mitgeholfen. „Herrmann war ein Hardliner“, sagt Gehrcke. „Solchen Leuten wäre so etwas vielleicht zuzutrauen gewesen.“ DANIEL SCHULZ