kommentar
: Der Leipzig-Flop: Was aus dem Osten kommt, gilt einfach nicht als erwägenswert

Leipzig ist also aus dem Rennen. Wer Sympathie für die lebendigste Stadt Ostdeutschlands hegt, findet das schade. Darüber freuen mag sich, wer Großereignisse prinzipiell ablehnt oder Sachsen nicht leiden kann oder keine Bilder von Deutschen erträgt, die sich jubelnd in den Armen liegen. Ob eine vergleichsweise kleine Stadt eine Großereignis ausrichten kann, ist eher Glaubens- als Meinungsfrage. Interessant an der Leipziger Olympiabewerbung war vielmehr der gesellschaftliche Umgang mit ihr.

 Die Idee der Leipziger Spiele war noch genuin ostdeutsch, konkreter: sächsisch. Ein Nach-den-Sternen-Greifen, das nur deshalb nicht vermessen wirkte, sondern charmant, weil es auf den eigenen Qualitäten aufbaute: der Substanz, der Kleinheit, der Nähe. Sensationell war daran gar nichts, nur der Erfolg. Konnte es tatsächlich möglich sein, dass eine Stadt in Ostdeutschland die westdeutsche Konkurrenz aussticht?

 Nennen wir es die Hamburger Haltung, die den Leipzigern weit über die Hansestadt hinaus entgegenschlug: Missgunst bei Gelingen, Häme über Schwächen. Diese Unfähigkeit zur Fairness resultiert aus der Ignoranz gegenüber dem Osten. Weniger Arbeitsplätze werden mit weniger wirtschaftlicher Dynamik verwechselt und weniger italienische Restaurants mit mangelnder Kultiviertheit. Man nimmt den Osten nur wahr als schlechte Kopie des Westens, als Minus-Deutschland. Dagegen zu verlieren ist dann in der Tat unerträglich.

 Eine weitere Form des Umgangs mit Ostdeutschland zeigt sich ebenfalls exemplarisch an der Geschichte der Leipziger Olympia-Bewerbung: die Otto-Schily-Haltung. Als Schwierigkeiten auftauchten, riss der Bundesinnenminister das Unternehmen an sich, so total, dass der eigentliche Repräsentant Wolfgang Tiefensee bei der Ergebnisverkündung nicht einmal in Lausanne war. Für Menschen wie Schily war der Osten immer nur Potenzial: Da sind die Strukturen noch nicht verkrustet. Da ist Entwicklung noch möglich. Da können wir was machen mit unserem Geld. Darin treffen sich die Otto-Schily-Haltung und die Hamburger Haltung: Beide ignorieren die Vorstellungen der Menschen im Osten.

Das ist das wirklich Traurige an der Entscheidung des IOC, Leipzig nicht in den Kreis der ernst zu nehmenden Kandidaten aufzunehmen. Sie füttert die verbreitete, aber dumme Ansicht: Was aus dem Osten kommt, ist nicht einmal erwägenswert. ROBIN ALEXANDER