frisches flimmern
: Raum-Zeit-Kino

Zwei Filmemacher konstruieren ihre Geschichten jenseits gängiger Erzählkonventionen.

Die Hirnverbrannten

Der zweite Spielfilm „Vergiss mein nicht!“ von Clipregisseur Michel Gondry beginnt wie ein Liebesfilm. Scheinbar zufällig fährt Joel Barish (Jim Carrey) an einem ungemütlichen Morgen nicht zur Arbeit, sondern lieber an den Strand. Dort lernt er Clementine Kruczynski (Kate Winslet) kennen. Sie verlieben sich. Am nächsten Morgen bringt Joel sie nach Hause. Hier endet die chronologische Erzählweise. Gondry unterteilt seinen Film in einzelne Sequenzen, deren Zeitebenen nicht mehr geordnet sind. Clementine verhält sich merkwürdig, hat Joel nach einem Streit einfach aus ihrem Gedächtnis löschen lassen. Der geniale Wissenschaftler Dr. Howard Mierzwiak (Tom Wilkinson) bietet diesen Service an. Alzheimer auf Knopfdruck. Auch Joel will sich dieser Prozedur unterziehen und die Liebe zu Clementine vergessen. Doch während der Datenträgerbereinigung seines Hirns überlegt er es sich anders. Gondry inszeniert seinen trickreichen Science-Fiction-Film in einer Schleife. Der Franzose gehört neben Spike Jonze, zur neuen Generation von Filmemachern, die ihre Videoclip-Ästhetik erfolgreich für lange Spielfilme nutzen. „Vergiss mein nicht!“ ist kein Klamauk-Film. Als melancholischer Joel glänzt Jim Carrey mit seiner besten schauspielerischen Leistung.

Die Tanzwütigen

Auch Regisseur Robert Altman, Alt-Meister des amerikanischen „New Hollywood“-Kinos der 1960er Jahre, dreht gerne Filme abseits des Mainstream. Sein neuer Ensemblefilm „The Company“ ist eine kritische Studie über die Ballett-Szene und schildert ein Jahr am berühmten Chicagoer Joffrey Ballett. Im Zentrum des Films stehen die Proben der Tänzer, ihr Alltag und Leistungsstress. Mr. A. (Malcolm McDowell) führt als „Kompaniechef“ seine Truppe mit Zuckerbrot und Peitsche. Im Stile klassischer Altman-Filme werden verschiedene Handlungsfragmente verwoben, wie zufällig werden Ensemblemitglieder und Dialoge präsentiert. Die agile Kamera wirkt dokumentarisch. Beiläufig wird eine kleine Liebesgeschichte angedeutet. Doch im Mittelpunkt des Tanzfilms steht das Ballett. Altmans risikobereite Art Filme zu machen, zeigt sich auch in „The Company“. Er konzentriert sich ganz auf die Choreographie und zeigt auch ungekürzte Tanzeinlagen. Die Idee stammt von Hauptdarstellerin und Scream-Teen Neve Campbell, die eigene Erfahrungen verarbeitet hat. Ein Film, der Lust macht mal ins Ballett zu gehen. STEFAN ORTMANN