Jukebox

Auch ein Gitarrensolo muss man erst malen können

O ja, die Kunst. Rührt gleich den alten Lateiner in einem. „Ars longa, vitas brevis est“, wie die Bildungsbürger von The Nice einst sangen. Lang währt die Kunst, und das Leben ist kurz, in dem gesicherte Lateinkenntnisse aber selbst im Berliner Clubleben weiterhelfen, war doch vor kurzem im Lovelite die Amare-Konjugation zu hören, amo, amas, amat … ich liebe, du liebst, er/sie/es liebt, bei einem gleichfalls älteren Song von This Heat.

Wäre auch mal ein schönes Thema, zu gucken, wo Latein sonst noch in der Popmusik seine Spuren hinterlassen hat, und hübsch will man sich vorstellen, dass beim nächsten Grand Prix sagen wir einmal das Vereinigte Königreich mit einem Song in Latein antritt, nachdem doch der große Rest nurmehr in Englisch singen will … aber jetzt hat man sich ein wenig verrannt. Eigentlich soll es hier gar nicht um Latein gehen, sondern um die Kunst und dass der Mensch seine Augen, Ohren, Arme immer gleichzeitig hat, sodass viele der Drang überfällt, das alles auch gleichzeitig in Bewegung zu halten, und dabei dann halt manches durcheinander bringen, wenn etwa bei der Reizung des einen Sinnesorgans das Empfinden beim anderen rauskommt. Dass man also zum Beispiel Farben beim Musikhören sieht. Die Synästhesie. Kann als Gnade oder Defekt betrachtet werden.

Olga Stozhar jedenfalls hat sich vorgenommen, Rockmusik zu visualisieren. Genauer: die Musik von Deep Purple, auf deren Songs sich die 1966 in St. Petersburg geborene Künstlerin in ihrer Arbeit bezieht. Am heutigen Freitag, 19 Uhr, ist in der Stiftung Starke im Löwenpalais in der Königsallee 30 in Grunewald Vernissage von „Deep Purple in Art“. 100 Bilder. Sozusagen synästhetische Coverversionen. Der Rock ’n’ Roll ins Bild gesetzt, weil auch die Kunst mal rocken will. Fragt sich nur, wie man dazu ein ordentliches Luftgitarrensolo hinkriegt. THOMAS MAUCH