what have they done to my war? von WIGLAF DROSTE
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Was für eine Gemeinheit: So ein schöner, anständiger Krieg war das, und dann kommen ein paar Privatsadisten und machen alles kaputt! Richtige Soldaten würden so etwas niemals tun: demütigen, quälen, foltern. Soldaten sind Sportler, Fair Play ist ihr höchstes Gut, auch beim Umbringen. Da geht alles mit rechten Dingen zu.

Tipptopp enthirnt enragiert sich die Medienöffentlichkeit. Selbstverständliche militärische Praxis wird als Medialmoralskandal inszeniert, als sei der Krieg im Irak der erste, der jemals stattfindet. Soldaten sind Andenkensammler, und sie sammeln, was sie bekommen können. Früher fotografierten sie sich konventionell, den Fuß auf Gefangene gestellt, heute, mit der digitalen Kamera, kommen die Bilder schneller zu Hause an. Das ist der einzige Unterschied.

Doch die guten Menschen zu Hause, in den jeweiligen Heimaten, wünschen sich einen sauberen Krieg. Den es nicht gibt, nie gab und nie geben wird, der aber doch so schön wäre: Man weiß, die Jungs (und mittlerweile auch Mädels, dafür hat Alice Schwarzer ein Leben lang gekämpft) sind unter Aufsicht, weg von der Straße und auch nicht arbeitslos, man kann ein bisschen Mitgefühl heucheln bei den Nachbarn und in die vielen Kameras, und man kann im Fernsehn mitverfolgen, wie es steht im Kampf der Unsrigen, der Guten gegen die da draußen, also die Schurken. Man hat dann beim Bäcker und im Fahrstuhl auch ein schönes Plauderthema, aufregend, emotional, fast so gut wie ein Schlager-Grandprix.

Nicht nur Politiker und ihre Journalisten, auch erstaunlich viele richtige Menschen haben gegen Krieg nichts einzuwenden – obwohl sie wissen, dass in jedem Krieg etwas anderes stattfindet als der „ehrliche Kampf Mann gegen Mann“, den es außerhalb von Propagandafilmen nicht gibt. Es ist ja richtig, sich über das Demütigen, Quälen, Foltern und Ermorden wehrloser Gefangener zu empören – wieso aber muss man es dazu erst geschehen lassen? Man weiß, was Soldaten tun, nicht nur im Krieg, auch schon in Zeiten so genannten Friedens. Im Krieg ist es allerdings viel einfacher, ein befriedigendes Soldatenleben zu führen, gegen das kaum jemand etwas hätte, wenn nur die Prahlsucht nicht wäre.

Systematisch verblödete und verblödende Schreihälse erregen sich über die Schattenseite des Krieges, also ob es eine andere gäbe. Gegen jedes Wissen um die Gemeinheit von Uniformträgern klammert man sich an eine falsche Vorstellung davon, was Krieg ist und was Soldaten im Krieg tun. Dass die PR, Soldaten seien Pfadfinder, Tugendbolde und Rettungsengel, noch immer verfängt, hat mit der Absicht zu tun, an diese PR unbedingt zu glauben. Dabei weiß man doch, was passiert, wenn die Kavallerie kommt.

Ja zum Krieg sagen und Nein zur Folter, sich empören über einen schmutzigen Krieg, als ob es einen sauberen gäbe, nur weil man gern einen hätte, einen Krieg ohne Gräuel, Mord, Qual, Sadismus, Bestialität – das läuft auf die Frage des genervten Fernsehzuschauers hinaus: What have they done to my war, Ma? Können die ihren Job nicht heimlich, still und leise tun, ohne uns mit Blutspritzern zu behelligen? Wer einen Krieg ohne Folter will, will Krieg.