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: Der neue Herr der Duckmäuser

Nach dem stillosen Affentheater um den Rausschmiss des Trainers Ottmar Hitzfeld stellt sich die Frage, was Nachfolger Magath bei den Münchner Bayern erwartet

Wenn es in einem Fußballverein hinten und vorne nicht stimmt, dann merkt man das nicht nur an den Ergebnissen, sondern zum Beispiel auch daran, dass die Klubführung ständig über die Spieler herzieht. Bei den Bayern stimmt es schon lange nicht. Einst war der Brasilianer Sergio liebster Sündenbock der Herren Hoeneß, Rummenigge und Beckenbauer, vor der aktuellen Saison ereilte der Bannstrahl der Götter Sebastian Deisler und Zé Roberto, während der Saison erwischte es dann Michael Ballack.

Inzwischen trifft es jeden, der es wagt, sich zu mucksen. Schon letztes Jahr musste Ballack eine saftige Strafe für die Lappalie zahlen, sanfte Kritik an seiner Positionierung im Spiel angemeldet zu haben, jetzt soll der Franzose Willy Sagnol blechen, weil er den jämmerlichen Affentanz, welchen die Bayernführung um den Trainerwechsel veranstaltet hat, ziemlich klar und bündig charakterisierte: „Bullshit!“. Und auch Torwart Oliver Kahn bekam sein Fett weg, nachdem er sehr korrekt angemerkt hatte, „es wäre klüger gewesen, früher klar Schiff zu machen“. Er solle sich auf sich selbst konzentrieren und seine Leistung wieder bringen, wetterte Manager Uli Hoeneß nicht eben sensibel. Wie weit die Münchner Patriarchen von den heutigen Realitäten des Fußballs entfernt sind, bewies auch Präsident Franz Beckenbauer: „Die Spieler sollen sich auf Fußball konzentrieren. Alles andere geht sie nichts an.“

Bezeichnend, dass Kahn und Sagnol die einzigen Spieler waren, die sich überhaupt äußerten. Mit ihrer Kultur der Geldstrafen haben die Bayern-Verantwortlichen ein Team von Duckmäusern geschaffen und wundern sich nun, dass diese dann auch so spielen. Selten zuvor wirkten die markigen Worte des Managers Hoeneß in einer Saison-Schlussphase so deplatziert wie diesmal im Wettstreit mit den nüchternen Bremern. Waren derartige Attacken früher Ausdruck eines Selbstbewusstseins, das auch und vor allem der Mannschaft innewohnte, wirkten sie jetzt nur wie das trotzige „Will aber!“ eines dickköpfigen Kindes. Kein Wunder, dass die großen Sprüche vor dem Match gegen Bremen nur die eigene Mannschaft nervös machten, wie Michael Ballack später einräumte.

Dazu passt auch die Stillosigkeit im Umgang mit dem gefeuerten Trainer Ottmar Hitzfeld, den Hoeneß, nachdem er endlich die Katze aus dem Sack gelassen hatte, schamlos schlecht redete. „Viel zu brav“ sei Hitzfeld zu den Spielern gewesen, ein „Leben ohne große Kritik und Druck“ hätten diese geführt, „jeder konnte machen, was er wollte.“ Starker Tobak, der die heißen Treueschwüre der letzten Wochen in ein noch schlechteres Licht rückt. Man darf davon ausgehen, dass Hitzfeld die Spieler sehr bewusst nach außen in Schutz nahm, Donnerwetter kam schließlich genug von oben.

Ob die Methode Magath erfolgreicher sein wird, bleibt abzuwarten. Erstaunlich zumindest, dass der bisherige Trainer des VfB Stuttgart, der seine Erfolge hauptsächlich mittels Jugendförderung erreichte, sich tatsächlich als Nachfolger beim Ensemble der Stars bzw. Möchtegernstars zur Verfügung stellte. Was im Übrigen auch einen nachträglichen Schatten auf seine Spielerkarriere wirft. Schließlich hatte man immer geglaubt, er sei aus Prinzip nie zu den Bayern gegangen. Jetzt scheint es so, als hätte man ihn einfach nicht gefragt.

Wie schnell in München ein gefeierter Trainerkönig zum dummen Otto werden kann, hat einst Rehhagel gezeigt. Auch der hatte wie Magath gedacht, dass die Münchner Dreierbande mit ihm zur Viererbande wachsen würde. Ein Irrglaube, dem der kluge Ottmar Hitzfeld nie verfallen war. Leichter als für Rehhagel oder zuletzt Hitzfeld dürfte es für Felix Magath jedenfalls nicht werden. Wieder werden die Münchner vor der nächsten Saison emsig Spieler kaufen, wieder werden sie fröhlich von der besten Bayern-Mannschaft aller Zeiten reden und natürlich werden sie erneut vom Gewinn der Champions League fantasieren. Magaths erste Aussagen als offiziell designierter Bayern-Coach sind so gesehen absolut dreierbandenkompatibel. „Ich will das Maximale erreichen, deutscher Meister werden und den Europapokal gewinnen.“ Wehe ihm, wenn auch unter seiner Ägide die wichtigen Spiele den Bach hinuntergehen. Mit einer Geldstrafe wird er dann kaum davonkommen. MATTI LIESKE