Zweckpatriotismus

Rupert Murdoch gilt als streng konservativ, was man insbesondere seinem US-Sender Fox News anmerkt. Eigentlich geht es aber nur um eins: Macht

VON HEIKE WIPPERFÜRTH

In der US-Medienwelt gilt er als neuer Dreamboy: Viet Dinh, der als 10-Jähriger aus Vietnam nach Amerika flüchtete und sich 26 Jahre später eine Traumkarriere als Juraprofessor und US-Staatsanwalt aufgebaut hat. Unter US Justizminister John Ashcroft, dem Dinh ein „tiefes Mitgefühl“ für Minderheiten bescheinigt, hatte sich der ehrgeizige junge Mann eine der wichtigsten Rollen im „War on Terror“ ergattert: als Verfasser des umstrittenen USA Patriot Act, der dem US-Geheimdienst erlaubt, im Leben Verdächtiger herumzuschnüffeln und ihre Lesegewohnheiten in Büchereien auszukundschaften. Zudem macht er es einfacher fürs FBI, in Moscheen und im Internet zu spionieren.

Nun glänzt Dinh, der auch an der Untersuchung des Whitewater-Skandals gegen Bill Clinton beteiligt war, als jüngster Direktor im Vorstand der News Corp. Das Medienreich von Rupert Murdoch ist gerade dabei, sein Hauptquartier von Australien in die USA zu verlegen, um mehr Investoren und Macht zu gewinnen. Neu im Aufsichtsrat ist auch Peter Barnes, der ehemalige Leiter von Philip Morris Asia. Zum 14-köpfigen Vorstand, in dem sich keine einzige Frau befindet, gehört auch Geoffrey Bible, der ehemalige Leiter des Zigarettenkonzerns aus Virginia.

Murdoch hat sich im Krieg gegen den Irak so eng auf die Seite der Regierung geschlagen, dass CNN-Gründer Ted Turner den 73-Jährigen bereits als „Kriegshetzer“ einstufte. Ganz besonders aggressiv ist die Irak-Berichterstattung in Murdochs Fernsehsender Fox News.

Desinformation

Obwohl er sich als „fair and balanced“ beschreibt, glauben 80 Prozent der Zuschauer laut einer Studie, die USA hätten im Irak Massenvernichtungswaffen entdeckt und hätten Beweise, dass Saddam Hussein mit den Terroristen vom 11. September eng zusammengearbeitet hat. Dagegen glauben das nur 23 Prozent der befragten Radiohörer. Die Belohnung: Von den 4,5 Millionen Dollar, die von den Republikanern seit März zur Wiederwahl von Präsident Bush für „airtime“ (Sendezeit) ausgegeben wurden, ging die Hälfte an Fox News.

Sicher, Murdoch ist ein Konservativer, doch eigentlich geht es ihm nur um eins: die Erweiterung und Befestigung seines Medienreiches. So wie im Dezember, als er sich das Satelliten-TV DirecTV nach langem Ringen für 6,6 Milliarden Dollar geschnappt hat. Auf einen Schlag brachte er 11 Millionen neue Abonnenten in sein Imperium, dessen Sendungen bereits in 44 Prozent des Landes ausgestrahlt werden. Mit einer knappen Mehrheit von nur einer Stimme erhielt er die Zustimmung für den Deal von der US Medienbehörde FCC, obwohl die Befürchtung besteht, dass er damit ein übermächtiger Player im US-Medienmarkt wird.

Dass beim Kampf um mehr Macht die politische Gesinnung für Murdoch nur Mittel zum Zweck ist, zeigt Großbritannien, wo zu seinem Imperium auch das Boulevardblatt The Sun gehört, das bislang die Labour-Partei unterstützt hat. Diese Unterstützung sei nicht mehr gesichert, so Murdoch, wenn die Tories eine gute Alternative darstellten. Damit ist noch lange nichts entschieden, doch Parteiführer Tony Blair macht sich sicher Gedanken darüber, wie er Murdoch bei der Stange halten kann.

Dafür gibt es in Amerika erste Anzeichen, dass wiederum der Abstand zur Bush Regierung ein kleines bisschen größer wird. Bill O’Reilly, ein Star von Fox News, hat sich immerhin schon für seine Behauptung entschuldigt, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen.