Naturfrevel Kanutour

Die lange Trockenheit sorgt für niedrige Wasserstände der Wümme. Das macht den Kanufahrern und der Umwelt im Paddelparadies vor den Toren Bremens zu schaffen

taz ■ Weil es seit Ewigkeiten nicht richtig geregnet hatte, ist die Wümme an einigen Stellen fast ausgetrocknet. Wer also einen Kanutrip dort plant, sollte sich vorher über die Wasserstände informieren. Nur von Lilienthal flussabwärts sorgt der Tideeinfluss für genug Wasser, so dass das Befahren möglich ist.

Vor allem bei Rotenburg führt die Wümme nur noch wenig Wasser. Derzeit beträgt der Durchfluss am Messpunkt in Hellwege nach Auskunft der Unteren Naturschutzbehörde Verden nur noch etwa ein- bis eineinhalb Kubikmeter pro Sekunde – sechs Kubikmeter wären zu dieser Jahreszeit normal. Im letzten Sommer war noch das Gegenteil der Fall, beim Hochwasser im Juli 2002 wurden an gleicher Stelle über 100 Kubikmeter Durchfluss gemessen.

Bei solch niedrigem Wasserstand ist das Befahren nicht nur schwer möglich, sondern auch aus ökologischen Gründen nicht mehr vertretbar. Trotzdem paddeln immer wieder unorganisierte Kanuten auf diesen Abschnitten, ohne sich der schweren Umwelt-Schäden, die sie anrichten, bewusst zu sein. „Das Befahren der Wümme bei einem so niedrigen Wasserstand bewirkt starke Sedimentaufwirblungen und zerstört große Teile der Fischbrut. Ich würde soweit gehen, von Naturfrevel zu sprechen“, sagt Winfried Kistner von den Kanuwanderern Rotenburg.

Auch Gunnar Oertel, Leiter des WWF-Projekts „Wümmewiesen“, ist besorgt. Er weiß jedoch aus eigener Erfahrung, dass es genug andere Kanurouten gibt – sowohl auf der Wümme als auch auf den umliegenden Gewässern. Dorthin könnten die Paddelfreunde ausweichen. Bislang sind die nicht befahrbaren Strecken jedoch nicht eigens gekennzeichnet: „Wir planen aber eine Beschilderung mit Informationen und Gefährdungshinweisen. Auch eine Pegelkennzeichnung, wie es sie an anderen Flüssen gibt, würden wir begrüßen“, so Oertel.

Thomas Arkenau von der Verdener Naturschutzbehörde bestätigt, dass eine Pegelkennzeichnung diskutiert werde, doch bis zur Umsetzung wird es wohl noch dauern: „Leider hängt die Verwirklichung nicht von uns alleine ab, andere Stellen sprechen da natürlich auch mit.“ Erschwerend komme hinzu, dass im Wümme-Gebiet immer wieder Vandalismus zu beklagen sei. Da stelle sich die Frage, ob es überhaupt Sinn mache, irgendwelche Kennzeichen aufzustellen.

Die Kanuverleiher an der Wümme trifft der austrocknende Flusslauf besonders hart. Der Geschäftsausfall – bei derzeit bestem Kanuwetter – ist für die Verleiher katastrophal. Zwar gebe es alternativ die Strecke von Lilienthal flussabwärts, sagt Jürgen Lenz von der Kanuscheune Lilienthal: „Aber das Paddeln gegen das anlaufende Wasser ist für die Kanufahrer sehr mühsam.“ Winfried Kistner immerhin hatte gestern Vormittag die Hoffnung auf baldige Besserung nicht aufgegeben: “Wenn es heute Nacht richtig regnet, kann sich die Situation schon morgen wieder entspannt haben.“ C. Ehlers