: Postpaket zu allerletzt
Die Post plant, die Paketzustellung an Drittfirmen zu vergeben. In Niedersachsen und Bremen wären davon etwa 2.000 Beschäftigte betroffen. Die sind wütend. Die Gewerkschaft droht mit Streik
taz ■ Aufbruchstimmung in Deutschland – da wollten die Postler der Niederlassung Hannover nicht fehlen. Etwa 2.500 von ihnen brachen gestern zur Betriebsversammlung in den Kuppelsaal in der Hannoveraner Zentrale auf, wo es um neue drohende Kürzungsorgien beim Weltkonzern ging. Wer an diesem Tag einen Brief oder ein Päckchen erwartete, brauchte gar nicht erst in den Briefkasten zu sehen, denn wegen der Betriebsversammlung blieb die Zustellung am Dienstag aus.
Der Paketbereich, gerade unter der Dachmarke „DHL“ gebündelt, soll offenbar „fremdvergeben“ werden – in Niedersachsen und Bremen wären davon etwa 2.000 Frachtler betroffen, sagte Verdi-Mann Rolf Bauermeister. Außerdem befürchten Gewerkschaftler wie Postillione, dass das erst der Anfang ist und demnächst die Postboten nicht mehr von der Post, sondern von einer anderen Firma kommen.
Die Posthorn-Leute im Kuppelsaal waren entsprechend sauer: „Für die Briefkästen, die sie abgebaut haben, machen sie uns demnächst noch Schlitze zum Einwerfen hinten rein“, ärgerte sich einer. „Das Kerngeschäft der Post ist nur noch, dass die da oben ihre Jobs behalten“, wütete ein anderer. Der Paketler aus Wunstorf gehört zu den etwa 500 Frachtleuten aus Niedersachsen und Bremen, die ab 1. August in der Briefzustellung arbeiten sollen. Weitere dürften folgen.
Deshalb geht auch die Gewerkschaft in Kampfstellung. Rechtlich sei gegen die Fremdvergabe nichts zu machen. Man werde sich deshalb die Jobkürzungen – bundesweit sind 14.000 Frachtler bedroht – über einen Abbau der Arbeitszeit zurückholen, kündigte Verdi-Bundesvorstand Rolf Büttner an. Notfalls auch per Streik. Büttner ist sich seines Erfolges sicher: „Ende des Jahres geht es zur Sache. Dann gibt es nur einen Sieger. Ich bin sicher: Es sind die Postler.“
Da der Bereich Fracht defizitär arbeitet, plant die Post, die Zustellung der Pakete an Drittfirmen zu übertragen. Drittfirmen haben keine teuren Beamten im Boot – und zahlen Dumping-Löhne, etwa ein Drittel weniger, als die Postler verdienen.
Auch König Kunde dürfte das Outsourcing bemerken. Im Jahr 2000 gab es bereits einen Probelauf in bundesweit 300 Zustellbezirken. Die Qualität der Zustellung soll gelitten haben: „Da brachten die Leute die Pakete auch mit Stöckelschuhen“, erzählt Verdi-Mann Bauermeister. Nun drohe die Zustellung mit willigen wie billigen „Fahrrad-Kurieren, Studenten oder Polen“. Wenn überhaupt. „Lieber Kunde, merk Dir jetzt, das Paket kommt bald zu allerletzt“, dichtete Vorstand Büttner in Abwandlung eines der Postslogans mit den Gottschalk-Brüdern. Zuerst dürfte es die Postler mit zeitlich befristeten Verträgen treffen. Wenn die Zusteller der aussterbenden Sparte Paket in den Bereich Post versetzt werden, stehen allein in der Niederlassung Hannover 200 befristete Postboten auf der Straße, fürchten die Gewerkschaftler.
Auch die Post-Azubis, die derzeit höchstens Frist-Anstellungen bekommen, wären von der Umschichtung betroffen. „Die Post hat 1,3 Milliarden Euro Gewinn gemacht und kauft sich quer durch die ganze Welt“, zürnte Betriebsrat Günter Püschel. „Nur ihre Jugend, die lässt sie im Stich!“
Kai Schöneberg
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