Irreführende Kampagne

betr.: „Berlins Kulturkampf“

„Wir glauben nicht, dass man auf Religionsunterricht verzichten kann“, lautet ein anderer Slogan der „Pro Reli“-Initiative. Exemplarisch steht er für die irreführende Kampagne, denn: Wer will, muss auch derzeit nicht auf Religionsunterricht verzichten.

Wie schon vor der Einführung von Ethik bieten die Berliner Schulen (übrigens wie die Bremer, wo Religion auch kein „ordentliches“, sondern ein zusätzliches Lehrangebot ist) auf Nachfrage Religion an. Offenbar ist es der Pro-Reli-Initiative allerdings bereits gut gelungen, diesen Sachverhalt zu verschleiern, wie der ansonsten erhellende Artikel von Jörg Sundermeier zeigt: Denn Religion war an Berliner Schulen nie mehr als ein „Freiwilligenfach“, es wurde dies also nicht erst durch die Einführung von Ethik. Die Pro-Reli-Initiative will zudem nicht darüber abstimmen lassen, dass Religion „neben dem obligatorischen Ethikunterricht“ wieder eingeführt werden soll, sondern die Schülerinnen und Schüler dürften im Falle eines Erfolges von „Pro Reli“ nicht mehr am Ethikunterricht teilnehmen, wenn sie den Religionsunterricht besuchen. Anstelle gemeinsamer Annäherung an verschiedene Religionen und eines interreligiösen Dialoges im Ethikunterricht würden die Kinder je nach dem Willen und der Religion der Eltern getrennt religiös und eben nicht weltanschaulich neutral unterrichtet. Dass das in einer kulturell und religiös so vielfältigen Stadt wie Berlin ein sinnvolles Konzept sein soll, das werden hoffentlich viele Berlinerinnen und Berliner im Falle einer Abstimmung bestreiten. ANNETT MÄNGEL, Berlin