Digitale Raumkonzepte

In der PhoenixHalle auf dem ehemaligen Dortmunder Hochofengelände zeigen Neue-Medien-Künstler in der Ausstellung „So wie die Dinge liegen“ ihre Sicht auf die Territorien der Zukunft

VON PETER ORTMANN

Manchmal dient selbst militärische Hardware künstlerischen Prozessen. In der High Speed Videoinstallation „Mess up your mind“ des Schweizer Künstlers Franticek Klossner, diente eine Hochgeschwindigkeitskamera, die für militärische Zwecke entwickelt wurde, dazu, großflächige Portraits verschiedener Personen aufzunehmen. Durch die 3.000 Bilder, die pro Sekunde erzeugt werden, entsteht eine Ultra Slow Motion, welche die Luft prustenden Gesichtszüge gespenstisch verzerrt. Der Betrachter steht zwergenhaft in drei Projektionswänden, von denen ihn neun „Fratzen“ anstarren.

Die Videoarbeit ist Teil der Ausstellung „So wie die Dinge liegen“, die noch bis Anfang Juli in der Halle auf dem Dortmunder Phoenix-Gelände zu sehen ist. Neue Medien haben im ehemaligen Reservelager des stillgelegten Hochofenwerks Phoenix-West schon eine kleine Tradition. Der Dortmunder hartware medien kunst Verein konzipierte die kleine Übersichtsschau im Rahmen der „scene:schweiz in nrw“ und der 37. internationalen Kulturtagen der Stadt. Mit den Mitteln der modernen Bildtechniken schaffen die KünstlerInnen eigene, verschobene Raumkonzepte und Erzählräume, innerhalb derer sich die Dinge nie so verhalten, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat.

In den beiden Videos des koreanische Künstler Park Junebum können aus der Vogelperspektive Verkehrsströme an einem Parkplatz und an einem Zebrastreifen beobachtet werden. Junebums Hände sind in den Film integriert. Er steuert gulliverhaft die einzelnen Fahrzeuge, stoppt allzu eilige Passanten, hilft beim Ausparken, ist ruhender Pol in der Hektik, die auch in Christian Robert-Tissots Neonarbeit ein Thema ist. Das Wort „stress“ hängt in grünen Leuchtstoff-Lettern an der Wand. Die Schrift flackert nervös, Wort wie Befindlichkeit werden zur Einheit.

Die zahlreichen Besucher auf dem zukünftigen Chip-Entwicklungsgelände brauchen eigentlich viel Zeit, um alle Arbeiten anzuschauen. „Wir haben beobachtet, das sich erstaunlicherweise viele sehr lange hier aufhalten“, freut sich die Kuratorin Katrin Mundt. Unter den Arbeiten sind zum Teil sehr lange Filme, wie „Promenade“ von Stefan Altenburger. Hier werden urbane Raumkonzepte aufgegriffen, die auch von dreidimensionalen Computeranimationen generiert werden. Eine ganze Stunde lang irrt ein einsamer Held durch eine neblige Nachtszenerie, wird von Hindernissen zur Umkehr gezwungen. Die unrestaurierte 2.200 qm große Halle bildet einen wohltuenden Kontrast zu den digitalen Bildwelten der Künstler und sollte von der Landesentwicklungsgesellschaft NRW nicht umgenutzt werden.