Aus Stadt mach‘ Meer

Beachclubbing soll gestressten Städtern das Gefühl von Natur und Entspannung vermitteln. Das Konzept wird mit Begeisterung aufgenommen, und die Kassen der Betreiber klingeln

von TONIO POSTEL

Urlaubsgefühle kommen längst nicht mehr nur an Urlaubsorten auf. Indizien dafür sind schon des längeren Flipflops, Sonnenbrillen im Haar, knappe Tops oder Hawaii-Hemden, die die StadtbewohnerIn bei den ersten Sonnenstrahlen aus dem Schrank hervorzukramen pflegt, um öffentlich ein Bekenntnis zum Sommer abzulegen.

Seit vergangenem Jahr gibt es in Hamburg nun eine echte Legitimation für das zur Schau Tragen von Urlaubs-Utensilien: Die Beachclubs. Das sind Retorten-Strände mitten in der Stadt, vorzugsweise bislang in der Großstadt und in Wassernähe angelegt, auf denen findige Geschäftsleute kurzerhand Strandkörbe, Hängematten, Liegestühle und Sonnenschirme aufstellen. Fleisch vom Grill, eiskalte Drinks und Chill out-Musik lassen Abgase, Autolärm und auch sonst alles vergessen – und die Kasse klingeln, solange die Sonne scheint.

„Alles steht und fällt hier mit dem Wetter“, bestätigt Philip Rüther, einer von drei Inhabern des Hamburg City Beach Club in der Großen Elbstraße, einem unter den bislang 7 offiziellen Strand-Clubs in Hamburg. Sein aufgeknöpftes Hemd und die sonnengerötete Haut lassen einen Anflug von Neid aufkommen. Selbst montags um 17 Uhr sind bei ihm die meisten Liegestühle belegt. Wie die Lemminge haben sich die sonnenbebrillten und mit Drinks ausgestatteten Gäste neben- und hintereinander positioniert und verharren nun, sonnenanbetenderweise, in dieser Position.

Das Leben ist schon hart. Ein Unternehmensberater hat sich eine schattige Hängematte als Arbeitsplatz gesichert und blickt auf die Statistiken in seinem Laptop, scheinbar unbeeindruckt von vorbeiziehenden haushohen Frachtern, Musik und den knappen Oberteilen der vorbeihuschenden Mädchen. „Man muss sein Leben zum Wunschkonzert machen“, sagt er und grinst schelmisch.

Oberste Prämisse für alle Gäste der Großstadt-Oase sei, dass „die Leute sich entspannen“, betont Rüther. Alles andere fiele hier tatsächlich schwer, auch wenn einige gestylte Szene-Trendsetter gerne Sehen-und-gesehen-werden spielen möchten. Warum man in einen Beachclub geht, wenn der Elbstrand nicht weit ist? „Ich hatte ‘ne Scheiß-Woche, hier kann ich entspannen und dabei noch Leute beobachten“, sagt ein Gast, der in der schattigen „marokkanischen Ecke“ auf einem Kissen sitzt. Menschen, die in Beachclubs gehen, sind seiner Meinung nach genügsame Typen: „Die brauchen nur Sonne, Strand und Getränke.“

Doch es gibt noch andere Aspekte. „Für mich als Single ist es hier optimal“, sagt eine Besucherin. Das Publikum in den Beachclubs, findet sie, sei attraktiver als das am Elbstrand. Außerdem gebe es hier Liegestühle und Musik, alles sei „auf einem Fleck“.

Die Nachbarn des City Beach Clubs heißen Lago Bay und Hamburg del mar und sehen auf den ersten Blick gar nicht so sehr anders aus. Die durchgehende Bambus-Matten-Verkleidung lässt die drei Clubs von außen wie eine riesige Touristen-Festung erscheinen. Als Konkurrenten sehen sich die überdimensionalen Sandkästen auf gut 500 Metern Länge nicht: „Vielleicht kann man irgendwann aus allen dreien einen großen Club machen“, überlegt Rüther. Bereits in Planung sei eine Kooperation mit dem Lago Bay für ein „multikulturelles Festival, das es so noch nicht gab“.

Im Lago Bay, das gegenüber noch das Café Lago betreibt, gibt es sogar ein Schwimmbad, und auch sonst soll hier nicht nur gefaulenzt werden: Zwei Volleyball Felder sind in Planung, und auch Beach-Soccer soll hier bald gespielt werden. Das Hamburg del mar, das seinen Namen dem Café del mar auf Ibizia verdankt, ist dagegen besonders auf seine Speisekarte stolz. „Einen Grill hinstellen kann jeder“, glaubt Clubbetreiber Lutz Deyhle, der die Anfänge der Beachclubs in Paris vermutet. Dort sei „vor zwei oder drei Jahren“ in den Sommerferien am Seine-Ufer tonnenweise Sand aufgeschüttet worden, um den Daheimgebliebenen die Zeit zu versüßen.

Geöffnet haben die Beachclubs von Mai bis September. Dann müsse alles abgebaut und der ganze Sand, insgesamt knapp 2000 Tonnen, wegen der Hochwassergefahr abgetragen werden, erklärt Philip Rüther vom City Beach Club. Doch die neue Strandpromenade an der Großen Elbstraße ist sowieso nur ein Vergnügen auf Zeit. Laut Rainer Doleschall, dem Sprecher des Bezirksamts Altona, handele es sich um eine „vorübergehende Nutzung“. „Die Stadt kann die Fläche jederzeit an einen Investor verkaufen.“ Lutz Deyhle vom Hamburg del mar tippt auf die Immobilien-Firma Büll und Liedge. Dann werden die Strandliebhaber wieder mit der Natur vorlieb nehmen müssen.

City Beach Club, Große Elbstraße gegenüber Hausnummer 134; Lago Bay, Große Elbstraße gegenüber Nummer 150; Hamburg del mar, Große Elbstraße/Ecke Van-der-Smissen Straße; Strandkai, Halbinsel in der Hafencity; Strand Pauli, Hafenstraße 89, Eintritt 1 Euro; Chillen und Grillen, Hammerbrook, Elbkanal; Buccaneer Country Club, Oevelgönne, Elbtreppe 7/Neumühlen, Eintritt 5 Euro