: Second Hand zur Konfirmation
Amt für Soziale Dienste lehnt Finanzspritze für Konfirmationskleidung ab und verweist an die Kleiderkammern. Dort heißt es: „Wir haben nichts Festliches für die jungen Leute.“
Bremen taz ■ Die Nachricht war für Aische Keller* ein harter Schlag: Das Amt für Soziale Dienste hat dem Mädchen den Antrag auf „einmalige Beihilfe für Sonderbekleidung zur Konfirmation“ abgelehnt. Die 14-Jährige könne sich „Gebrauchtkleidung von der Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes“ beschaffen – so stand’s im Ablehnungsbescheid. Schließlich habe die Mutter im Januar die Bekleidungspauschale erhalten. „Da die Notwendigkeit der Konfirmationsbekleidung Ihnen bekannt war, konnte Ihr Anschaffungsverhalten daraufhin geplant und abgestimmt werden.“
Beim Diakonischen Werk reagiert Angela Hesse auf derartige Schreiben empfindlich. Seit rund zwei Jahren registrieren die MitarbeiterInnen der dortigen Kleiderkammer, dass solche Fälle häufiger werden. Wenn Hesse von Ablehnungsbescheiden erfährt, bietet das Diakonische Werk „Formulierungshilfe“ an, um Rechtsansprüche durchzusetzen. „Denn wir haben nichts Festliches für diese jungen Leute.“ Dasselbe bestätigt die Kleiderkammer des Roten Kreuzes.
Mitgefühl klingt bei beiden Einrichtungen durch. Für Jugendliche sei der Gang zur Kleiderkammer besonders unangenehm. „Die Kinder haben ein feines Gespür“, sagt Hesse. Wenn nichts Geeignetes da sei, „betteln und bitten die Eltern, dass wir ihnen Geld geben“, seufzt sie. „Aber das können wir nicht. Zugleich sagt sie: 138 Euro reguläre Bekleidungspauschale in sechs Monaten – das decke den Bedarf für derartige Anlässe nicht ab. „Deswegen werden dafür ja einmalig Leistungen gewährt“, sagt sie nüchtern.
So sieht es auch Aisches Mutter. Sie hat inzwischen Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt – und dem Sozialamt auch mitgeteilt, dass das Geld fürs Brot an diesem Wochenende nicht mehr reichen wird. „Ich musste ja auch das Konfirmationsessen bezahlen“, sagt die ohnehin verschuldete Mutter. Das beantragte Geld dafür sei auch eine Woche nach der Konfirmation noch nicht eingetroffen. Den Kleiderzuschuss für die Tochter hat sie aus der Haushaltskasse abgezweigt: Das Sozialamt hatte ihr gerade 10 Euro für den nach einem Umzug nötig gewordenen Duschvorhang und 12 Euro für eine Badezimmergarnitur gezahlt. Diese Dinge sind nun zurückgestellt. „Ich wollte, dass man in der Kirche meiner Tochter die Lage unserer Familie nicht ansieht“, sagt die Mutter.
Bei der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) gilt Aische eher als Einzelfall. „Wir haben eigentlich keine Beschwerden gehört“, sagt BEK-Sprecherin Sabine Hatscher nach einer Blitzumfrage in den Gemeinden – die auch Betroffenheit ausgelöst hat: In Oberneuland hat ein Pastor umgehend Hilfe angeboten. Es ist gut möglich, dass er in den nächsten Jahren noch öfter um Geld gebeten wird. Denn wenn mit der Sozialreform im kommenden Jahr das Kleidergeld in den Pauschalbeträgen des Arbeitslosengeldes II enthalten ist, werden manche Familien ins Schleudern kommen.
ede
*Name geändert