Bush will Vertrauenslöcher mit Dollars füllen

Irak- und Folterkrise stürzen US-Präsident in innenpolitische Bedrängnis. Sogar persönlich muss er bei den Abgeordneten um Vertrauen werben. Neuer Wehretat erhöht Ausgaben für Irak und Afghanistan massiv

WASHINGTON taz ■ Wie nervös das Weiße Haus angesichts Irakkrise und Folterskandal ist, zeigte der seltene Besuch von George W. Bush am Donnerstag auf dem Kapitolshügel. Der Präsident ist bisher nicht durch große Wertschätzung der parlamentarischen Arbeit aufgefallen und agiert lieber am Kongress vorbei, was ihm oft den Unmut des hohen Hauses eingebracht hat. Nun, in schweren Kriegszeiten, besann er sich seiner republikanischen Parteifreude, wollte sich ihrer uneingeschränkten Rückendeckung versichern und ihnen Mut zusprechen, dass er die Sache mit dem Irak im Griff habe. Ob ihm das gelang, ist nicht überliefert.

Hintergrund des Auftritts war zum einen der deutliche Riss im Kongress bei der Aufklärung der Folteraffäre. Während das von den Republikanern dominierte Abgeordnetenhaus den Fall längst zu den Akten gelegt hat und allen weiteren öffentlichen Ermittlungen vorwirft, die Moral der Truppe zu untergraben, zeigt sich der Senat unbeeindruckt. Dessen Streitkräfteausschuss sorgt mit seinen wöchentlichen Anhörungen der Militärspitze dafür, dass der Skandal weiterhin alle anderen Nachrichten in den Schatten stellt.

Darüber hinaus macht sich angesichts der täglichen Hiobsbotschaften aus Nahost und dem Irak in der US-Hauptstadt Alarmstimmung breit. Selbst Paul Wolfowitz, Vize-Pentagonchef und einer der Drahtzieher des Krieges, räumte erstmals Fehler ein. Und die Zahl derer, die eine weitere Verschlechterung der Lage voraussagen, wächst.

Die Opposition wittert daher ihre Chance und wagt eine zunehmend aggressive Rhetorik. Nancy Pelosi, Fraktionschefin der Demokraten im US-Abgeordnetenhaus, warf Bush vor, seine Umgang mit der Irakkrise „demonstriert Inkompetenz in Wissen, Urteilsvermögen und Erfahrung“. Der Präsident habe nötige Entscheidungen versäumt, um die Mission ohne den Tod unserer Soldaten und ohne hohe Kosten für die Steuerzahler zu Ende zu bringen.

Wie sehr der Irakkrieg im neuen Haushaltsjahr zu Buche schlägt, verdeutlicht der vom US-Abgeordnetenhaus verabschiedete Wehretat in Höhe von 422 Milliarden Dollar, 21 Milliarden mehr als im Vorjahr. Allein 25 Milliarden entfallen auf die von Bush zusätzlich beantragten Mittel für die Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan.

Zudem soll es mehr Geld geben für konventionelle Waffen- und Atomwaffenprogramme, darunter die von der Regierung geforderte Weiterentwicklung von „Mini-Nukes“. Der Senat muss den Plänen jedoch noch zustimmen. MICHAEL STRECK