Im zweiten Anlauf zum Gipfel

Beim Gipfel der Arabischen Liga soll – Inschallah – über innenpolitische Reformen in den Mitgliedsstaaten gesprochen werden, doch das Wort Demokratie wird vermieden

KAIRO taz ■ „Wir werden eine arabische Vision der Reform schaffen.“ Das verspricht der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amru Musa, wenn sich an diesem Wochenende die arabischen Staatschefs, Emire, Könige und Revolutionsführer zu ihrem traditionellen Gipfeltreffen in Tunis vorrausichtlich zusammenfinden werden. Ganz sicher steht der Termin immer noch nicht, weil das Hickhack über den Reformgipfel auch kurz vor dessen Beginn nicht abgeschlossen ist.

Es ist der zweite Anlauf, sich gemeinsam über Reformen zu verständigen. Vor fünf Wochen war ein ebenfalls in Tunis angesetzter arabischer Gipfel in allerletzter Minute vom dortigen Außenministerium abgesagt worden. Die Begründung: Einige Mitgliedsstaaten hätten sich gegenüber den notwendigen Reformen für die arabische Welt nicht aufgeschlossen genug gezeigt. Diesmal geben sich alle von Anfang an vorsichtiger. Niemand erwartet sofortige politische Neuerungen vom Gipfel. Bei dessen Vorbereitung benutzten Amru Musa und der tunesische Außenminister Al-Habib Bin Yahiya gerne Vokabeln wie Inschallah – so Gott will, oder „lasst uns auf das Beste hoffen“, wenn es um die Präsentation des Programms ging.

Die arabischen Staaten stehen unter Druck, vor allem aus den USA, die bereits im Februar ihre „Greater Middle East“-Initiative allen Mitgliedern des bevorstehenden G-8-Gipfels vorgestellt hatte. Darin werden von den arabischen Staaten umfassende Reformen gefordert. Amru Musa äußerte sich immer wieder skeptisch zu diesem US-Vorstoß, da dieser nicht mit den arabischen Regierungen abgesprochen war. Er erklärte aber vor kurzem auch, dass „internationale Hilfe bei der Reformierung der arabischen Welt willkommen ist“.

Auf ein paar Entwürfe sollen sich die arabischen Außenminister bereits letzten Montag bei einem Vorbereitungstreffen in Tunis geeinigt haben. So ist die Rede davon, dass man in Zukunft umfassenden politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Reformen „verpflichtet“ sei, dass die bürgerlichen Grundrechte gestärkt und die Teilnahme am öffentlichen Leben erweitert werden müsse. Das Ganze solle aber nur in „Übereinstimmung mit unserem Glauben, Werten und kulturellen Traditionen“ geschehen. Das Wort „Demokratie“ kommt nicht vor.

Verschärft hat sich seit dem letzten Gipfelversuch im April die Lage im israelisch-palästinensischen Konflikt und im Irak. US-Präsident Bush hat seitdem offen den Plänen von Israels Premier Ariel Scharon zugestimmt, sich aus dem Gaza-Streifen zurückzuziehen, im Gegenzug aber einen Großteil der israelischen Siedlungen im Westjordanland behalten zu wollen. Erwartet werden darf auch eine scharfe Verurteilung der Misshandlung irakischer Gefangener im US-Gewahrsam.

Ob Reform, Palästinakonflikt oder Irak, Generalsekretär Amru Musa beschreibt die prekäre Lage mit einem Bildnis: „Wir segeln auf einer rauen See und müssen das arabische Schiff vorsichtig steuern, denn es ist klein und könnte Gefahr laufen, zu sinken.“ KARIM EL-GAWHARY