Vager Rettungsplan für Mitsubishi

Der kriselnde japanische Autobauer streicht tausende Stellen und bekommt eine Milliardenspritze. Doch die reicht vermutlich nicht mal übers Jahr. DaimlerChrysler will zwar nicht verkaufen, beteiligt sich aber auch nicht an den Rettungsversuchen

VON NIKOLAI FICHTNER

Mitsubishi bekommt noch eine Chance. Gestern wurde in Tokio ein Rettungsplan für den angeschlagenen japanischen Autobauer vorgelegt: Eine Finanzspritze in Höhe von 3,3 Milliarden Euro und Stellenstreichungen sollen den Konzern wieder in die Gewinnzone bringen. Nach der überraschenden Ankündigung des größten Anteilseigners DaimlerChrysler, keine weiteren Mittel für die Sanierung beizusteuern, mussten die Japaner neue Geldgeber finden. Jetzt tragen die anderen Konzerne aus der Gruppe die Hauptlast des Programms, mit dem die Autobauer 2006 wieder schwarze Zahlen schreiben wollen.

Kernpunkte des Rettungsplans sind eine Kapitalerhöhung und Kündigungen. Eines von drei Werken in Japan soll geschlossen werden, dazu will der Konzern die Verwaltungsstellen um 30 Prozent reduzieren. Auch in Australien soll ein Motorenwerk geschlossen werden.

Die Kapitalerhöhung wird dem Konzern rund 3,3 Milliarden Euro einbringen. Den Löwenanteil von 60 Prozent tragen dabei die Unternehmen der Mitsubishi-Gruppe, die im Gegenzug dafür Aktien erhalten. Den Großteil des Rests tragen Finanzinvestoren. Das Problem: Eine knappe Milliarde Euro wird bereits jetzt zum Schuldenabbau eingesetzt, den Rest könnten laufende Verluste aufbrauchen. Im Geschäftsjahr 2003/2004 machte Mitsubishi einen Verlust von 1,6 Milliarden Euro, für das laufende Bilanzjahr fehlen wohl 1,7 Milliarden. „Das ist zusammengerechnet mehr als das, was durch die Kapitalerhöhung an frischem Geld reinkommt“, sagte Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Fachhochschule Gelsenkirchen der taz. „Die Mittel reichen zwar aus, um den Arbeitsplatzabbau zu finanzieren, aber nicht, um in neue Produkte zu investieren.“ Mitsubishi bleibt laut Dudenhöffer daher weiterhin höchst gefährdet.

Bei DaimlerChrysler will man die Anteile an Mitsubishi trotz allem halten. „Wir haben nicht vor, einen neuen Käufer zu suchen“, sagte ein Sprecher gestern. Durch die Kapitalerhöhung, an der der Stuttgarter Konzern nicht teilnimmt, reduziert sich der Anteil von DaimlerChrysler von 37,3 Prozent auf 22 Prozent. Damit verlieren die Deutschen ihr Vetorecht und entsenden auch keine Vertreter mehr in den Vorstand. Für Dudenhöffer ist das symptomatisch: „Das Mitsubishi-Engagement von DaimlerChrysler wirkt hilflos. Man wartet ab, was passiert.“ Bereits Ende April war Yoichiro Okazaki dem Deutschen Rolf Eckrodt auf den Posten des Vorstandschefs gefolgt. Größter Aktionär wird nun statt DaimlerChrysler ein Tokioter Investmentfonds.

Die Asienstrategie des Global Player DaimlerChrysler wird also derzeit gründlich in Frage gestellt. Vor einer Woche gab der Konzern bekannt, seine 10,5-prozentige Beteiligung am südkoreanischen Autobauer Hyundai zu verkaufen. Auch die japanische Nutzfahrzeug-Tochter Mitsubishi-Fuso, an der DaimlerChrysler 65 Prozent hält, bereitet Sorgen: Diese Woche wurden bis zu 170.000 zwischen 1983 und 1996 hergestellte Lastwagen wegen eines defekten Kupplungsgehäuses zurückgerufen.