Heulen im Hockey

Die favorisierten Damen von Rot Weiß Köln verlieren das Finale um die deutsche Feldhockeymeisterschaft

KÖLN taz ■ Es war zwanzig nach fünf am Samstagnachmittag als die Kölner Hockey-Spielerinnen von Rot-Weiß reihenweise zu Boden fielen. Die meisten heulten sofort los, schlugen sich die Hände vors Gesicht. Ihr Trainer Wolfgang Kluth stand minutenlang regungslos am Spielfeldrand – auch er konnte es nicht fassen. Kurzum: Es war ein wirklich herzzerreißendes Bild. Die Kölner Titelverteidigerinnen, die die Saison der Feldhockey-Bundesliga souverän beherrscht hatten, verloren das Finale um die Deutsche Meisterschaft gegen RK Rüsselsheim mit 3:5 im Siebenmeter-Schießen. „Es ist schon bitter, so zu verlieren. Nach der tollen Saison. Aber vielleicht war der Druck zu groß für uns“, sagte Kluth – und schaute wehmütig zu den Rüsselsheimerinnen hinüber, die sich ausgelassen auf dem Boden kugelten und glücklich mit Sekt übergossen.

Die Kölner Hockey-Damen hatten bis zum Finale alles richtig gemacht. Mit 15 Siegen, zwei Remis und nur einer Niederlage schlossen die Rot-Weißen die Saison ab. Schon drei Spieltage vor Ende hatten sie sich den ersten Tabellenplatz gesichert. Normalerweise gibt es in der Feldhockey-Bundesliga eine Endrunde mit zwei Halbfinals und einem Endspiel, doch aus olympiabedingtem Zeitdruck spielte in diesem Jahr einfach der Tabellen- Erste gegen den -Zweiten um die Meisterschaft. Rüsselsheim war dorthin erst am letzten Spieltag geprescht. „Das war wohl ihr Vorteil“, sagte Kluth, „Rüsselsheim hatte nichts zu verlieren und wir schon.“ So war es wohl.

Die Rüsselsheimerinnen agierten mit schöner Leichtigkeit – wie es typisch ist für Mannschaften, die von ihrem Erfolg selbst überrascht sind. Unbeschwert gingen sie ins Spiel und machten den favorisierten rot-weißen Damen, die gehemmt und nervös wirkten, das Leben viel schwerer als erwartet. Nachdem weder in der regulären Spielzeit, noch in der 15- minütigen Verlängerung Tore gefallen waren, wurde es im Siebenmeter- Schießen dramatisch. Die ersten drei Schützen beider Mannschaften waren jeweils erfolgreich. Riesiges Glück hatte dabei die Rüsselsheimer Kerner- Gattin Britta Becker, deren abgerutschter Schuss irgendwie ins Netz eierte. Und als es schließlich 4:3 für Rüsselsheim stand, da vergab die 22-jährige Kölnerin Laura Lemke ihren Siebenmeter. Gleich darauf traf Tanja Dickenscheid für die Gäste – und das Spiel war entschieden.

Die unglückliche Laura Lemke wischte sich noch Tränen aus dem Gesicht, als sie sich lange nach Spielende zusammen mit ihren Teamkolleginnen zum obligatorischen Mannschaftsfoto aufstellte. Alle versuchten ein wenig zu lächeln. Es fiel ihnen jedoch sichtlich schwer. Zwischen den unglücklichen Frauen stand Helmut Haumann, der Vorstandsvorsitzende von RheinEnergie, dessen Firma so gut wie alle Kölner Mannschaften und deshalb auch das Hockeyteam von Rot-Weiß sponsort. Mit bescheidenem Erfolg: Der 1. FC Köln ist abgestiegen, die Eishockey-Haie und Basketballer sind jeweils im Playoff-Viertelfinale kläglich gescheitert. Trotz aller Tränen sind die Hockey-Damen von Rot-Weiß das erfolgreichste Kölner Team der Saison. Vielleicht wird sie das trösten.

CHRISTIANE MITATSELIS