Nachwuchs setzt Zukunftsvertrag auf

Auf dem Dortmunder Kindergipfel wollen Schüler und Schülerinnen nicht nur quatschen: Sie fordern besser ausgebildete LehrerInnen, gewaltfreie Filme und einen stärkeren Einsatz gegen Kindersoldaten

DORTMUND taz/dpa ■ Berührungsängste hat Carl nicht. Selbstbewusst und mit fester Stimme stellt der zwölfjährige Fragen. Ihm gegenüber sitzt Katrin Göring-Eckardt, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. Rund 70 Schüler und Schülerinnen aus ganz Deutschland diskutierten am Samstag in Dortmund beim „Kindergipfel 2004“ mit der Politikerin. Die Naturfreundejugend Deutschland lädt alle zwei Jahre zu dem Treffen mit Diskussionen und Workshops ein.

Seit Donnerstag hatten sie einen Zukunftsvertrag mit Forderungen an die Politik erarbeitet. Dabei setzen sie vor allem auf größere Rechte und einen größeren Schutz ihrer AltersgenossInnen, aber auch auf globale Themen wie Frieden und Umweltschutz. Sie fordern zum Beispiel den Einsatz gegen Kindersoldaten und-prostitution, ein Kinder- und Jugendparlament in jeder Stadt, den Stopp von Tierversuchen. Auch das Thema Gewalt unter Jugendlichen ist Teil des Vertrags. Die Gipfel- TeilnehmerInnen forderten unter anderem eine bessere Ausbildung für LehrerInnen, damit sie Gewalt an Schulen verhindern können.

Wie kann erreicht werden, dass gewalttätige Filme wirklich nur von Erwachsenen gesehen werden? Dabei gingen die Meinungen auseinander. „Dazu muss man fragen, wo Gewalt anfängt“, sagte die Politikerin Göring-Eckardt dazu: „Ich zum Beispiel fand auch „den Herrn der Ringe“ schon sehr hart.“ Die Fantasy-Trilogie scheint Carl aber gefallen zu haben. Er meint, dass Altersbeschränkungen sein müssen: „Ich habe selbst mal einen Film ab 18 gesehen, der war schon brutal.“ Auch Weltpolitik stand auf dem Programm. In ihrem Vertrag forderten die Kinder ein stärkeres Engagement der Politik gegen den Einsatz von Kindersoldaten. „Das ist ein wichtiges Thema – besonders, wenn man sich überlegt, dass diese Kinder nicht älter sind, als ihr jetzt“, sagte Göring-Eckardt. Die Frage, wie viel Geld die Bundesregierung für Aufbauhilfe in armen Ländern insgesamt ausgibt, konnte die Grünen-Politikerin allerdings nicht direkt beantworten. „Hätte ich gewusst, dass ihr das fragt, hätte ich vor dem Treffen nachgesehen. Aber ich hole das nach und stelle die Zahl auf meine Internet-Seite“, versprach sie.

Marie-Luise Beck (Grüne) vom Bundesjugendministerium sprach sich in der Diskussion mit den Jugendlichen für ein Wahlrecht ab 16 Jahren aus. „Kinder können ihre Interessen immer weniger vertreten“, sagt sie. Warum die Bundesregierung die Zuschüsse für Jugendarbeit gekürzt hat, konnte sie aber auch nicht beantworten.

Schon auf den vorangegangenen Kindergipfeln setzten die TeilnehmerInnen einen Zukunftsvertrag auf – dieses Jahr nun überprüften sie, ob ihre damaligen Forderungen umgesetzt wurden. Die meisten Ideen drangen allerdings nicht in die Erwachsenenwelt: Es wurden weder die Busse billiger, noch gibt es ein Waffenembargo für Krisengebiete noch haben Flüchtlingskinder die gleichen Rechte wie deutsche. Nur die Wunschliste für den Wald fand Gehör: In jedem Wald soll es eine Ruhezone für Tiere geben. JOE