Comedy
: Blödsinn mit Format

Eigentlich betreibt diese Zeitung ja gesellschaftsbezogene Berichterstattung auch in der Kulturkolumne – an allen Tagen bis auf diesen: Heute steht mal purer Spaß auf dem Programm. Blühender Unsinn ohne kritischen Tiefgang – und dabei nichts weniger als genial.

Inspektor Derrick ist zurück. Nach zweijähriger Pause präsentiert das Kölner Kabarett Klüngelpütz die Fortsetzung seiner erfolgreichen Krimiparodie. Per Videobeam wird eine alte Derrick-Folge auf die Leinwand geworfen, und da sieht man sie dann alle wieder: den dackelblickigen Kommissar, seinen bräsigen Assistenten, das Waschbecken im Dienstzimmer, die Polizeikantine, die Achtziger-Jahre-Frisuren, die minutenlangen Schwenks aufs Telefon.

Nur der Ton stimmt nicht, den machen nämlich andere. Am Bühnenrand verlesen Marina Barth und Marko Furck ihren eigenen Filmplot, unterlegen die Bilder auf der Leinwand mit selbst getexteten Dialogen. Dazu spielt Ewald Gutenkunst auf dem Klavier echt melancholischen Derrick-Sound.

Die Story? Eine Falschgeldbande um James Bond druckt D-Mark statt Euro, der echte Derrick jagt einen Doppelgänger, der gern Irish Stew mit Minzsoße isst. So wichtig ist das alles nicht – es ist das Wie, das diese Show so brüllend komisch macht: Barth und Furck betreiben Stimmenakrobatik, sächseln, ostpreußeln, reden britisch, konterkarieren die behäbige Derricksche Bildsprache mit dadaistischen Dialogen von ergreifender Dösigkeit.

Waldschrat Harry Klein redet mit Mainzelmännchenstimme über das Kantinenessen, der echte Derrick fühlt sich philosophisch-poetisch „wie eine Herbstzeitlose unter Krokussen“, Agentin Natascha fragt sich, warum sie statt des schmächtigen Nebendarstellers nicht den kräftigen Kommissar verspeisen darf. Zwischendurch erscheinen kurze Ausschnitte aus frühen Gangsterfilmen mit Horst Tappert wie schwarzweiße Überraschungseier auf der Leinwand.

Kein Zweifel: Dieser Blödsinn hat Format. Und wer weiß: Vielleicht hat sinnloses Gelaber zu moralinsauren Gesichtern ja doch irgendwas mit unserer Gesellschaft zu tun.

Holger Möhlmann

„Dirty Derrick“: Klüngelpütz, Gertrudenstr. 24, Tel. 0221/257 83 60, 26. bis 29. Mai, jeweils 20.30 Uhr