Den Pokal im Hals

Der VfB Lübeck muss wieder zurück in die Regionalliga. Nach dem 0:2 in Fürth war der Zweitligaabstieg des Teams von Dieter Hecking perfekt

von OKE GÖTTLICH

Von Pokalerfolgen, Klöpsen und Klößen werden sie in Lübeck erzählen, um etwas zu erklären, mit dem nun wirklich niemand an der Lohmühle gerechnet hatte. Mit der 2:0-Niederlage bei Greuther Fürth wurde Wirklichkeit, was Trainer Dieter Hecking schon seit dem Aufstieg in die Zweite Liga immer wieder schlechte Träume bereitet hatte – ein immer möglicher Ligaabstieg. 40 Punkte zu holen lautete die gebetsmühlenartig vorgetragene Vorgabe des akribischen Coachs.

Pokalerfolge: Ein Ziel, dass vielen im Verein nicht extraordinär genug erschien. Spätestens mit dem sechsten Tabellenplatz, den Lübeck in der Hinrunde kurzfristig innehatte, sprossen Aufstiegsträume ins Kraut, die sich auf dem Platz nur selten niederschlugen. Als dann sogar das Halbfinale im DFB-Pokal erreicht wurde, war Fußball-Deutschland sich einig, ein ambitioniertes Team gesehen zu haben. Von einem Abstieg wollte zu diesem Zeitpunkt kein Experte etwas wissen – nur Dieter Hecking warnte immer wieder. Ernst genommen wurde er da nicht mehr.

Die Medien jubelten Spieler wie Ferydoon Zandi und Timo Achenbach hoch, um ihnen während der Verhandlungen mit höherklassigen Vereinen (Zandi geht zu Kaiserslautern, Achenbach zu Köln) vorzuwerfen, sie seien mit dem Kopf nicht mehr bei der Sache.

Klopse: Heckings Team hatte die Nerven des Trainers seit Monaten durch zahlreiche Aktionen zum Bersten gebracht. „Es hat sich doch wie ein roter Faden durch unsere Rückserie gezogen, dass wir durch einen Klops in Rückstand geraten sind.“ Wie auch beim 1:0 in Fürth. Lübecks Torhüter Carsten Wehlmann schlug 18 Meter vor dem Tor am Ball vorbei und öffnete Sascha Rösler Tür und Tor. „Von solchen Toren haben wir 15 oder 16 Stück bekommen“, schluckte Hecking.

Klöße: Dabei musste auch der Trainer mit dem eisblauen Blick seinen Frust herunterschlucken. Stellvertretend für ein gesamtes Bundesland drückte Ministerpräsidentin Heide Simonis ihre Daumen und dürfte „nach den tollen Auftritten im Pokal und der guten Hinserie“ ebenso Trauerklöße verdrückt haben wie die 700 Fans, die sich morgens um vier Uhr ins Frankenland aufgemacht hatten. Um so trauriger wird es, wenn man weiß, dass die Verantwortlichen trotz zwei Siegen aus den letzten 13 Spielen noch keine erfolgreichen Vertragsverhandlungen für die Dritte Liga vorweisen können. Sowohl die Trainer als auch sämtliche Spieler sind ablösefrei und können sich neue Vereine suchen. Neben Zandi und Achenbach haben bereits Groth (Karriereende), Petersen (Hoffenheim), Cassel (Meiendorf), Wilde (Kiel), Thioune (Osnabrück) und Bärwolf (Kiel, St. Pauli) ihren Abschied vorbereitet. Auch Coach Dieter Hecking wollte sich gestern noch nicht festlegen. „Ich muss erst eine Nacht darüber schlafen, brauche 24-48 Stunden Zeit, um zu sehen, welche Konzepte man nun angehen kann.“ Zur Umsetzung werden dem Verein neben Spielern auch 90 Prozent der TV-Einnahmen fehlen – und der Zweiten Bundesliga nun die norddeutschen Clubs.