Hoffen auf die Rückkehr des Ballgefühls

Bei den French Open in Paris bekommt es Thomas Haas heute zum Auftakt mit einem wenig genehmen Gegner zu tun: Entweder Titelverteidiger Ferrero, dessen Start wegen einer Verletzung fraglich ist, oder Landsmann Nicolas Kiefer

PARIS taz ■ Vor einem Jahr hatte Juan Carlos Ferrero nach dem ersten großen Titelgewinn seiner Karriere noch Kraft für einen mächtigen Klimmzug; eindrucksvoll, wie er sich nach dem Finale gegen den Niederländer Martin Verkerk emporschwang und den Seinen auf der Tribüne in die Arme fiel. Von dieser Form ist der Spanier diesmal weit entfernt, und es kann sogar sein, dass er seine Meldung für die French Open 2004 zurückziehen wird. Ferrero leidet unter einer schmerzhaften Rippenprellung. „Im Moment ist es eher wahrscheinlich, dass ich nicht spielen werde.“

Montag will er sich endgültig entscheiden– und so lange wird sich Thomas Haas gedulden müssen, der nach geplantem Verlauf Ferreros erster Gegner wäre. Normalerweise ein ausgesprochen unfreundliches Los für Haas, in diesem Fall aber vielleicht ein unerwarteter Vorteil gegen jenen Mann, der in Paris aus den vergangenen vier Jahren eine schwer zu überbietende Bilanz hat: ein Titel, einmal Finale, zweimal Halbfinale. Beim World Team Cup vergangene Woche in Düsseldorf hatte Haas geklagt, im Moment fehle ihm jedes Gefühl für den Ball, und die Nachricht von der Pariser Auslosung hatte zunächst nicht viel zur Besserung beigetragen.

Aber Haas ist nicht der einzige, der von Ferreros Entscheidung abhängig ist. Wenn ein gesetzter Spieler ausfällt, rückt normalerweise der Erste aus der Reihe der nicht gesetzten an dessen Stelle – und das wäre in diesem Fall Nicolas Kiefer. Die Aussicht auf eine Partie zwischen Haas und Kiefer in Runde eins findet der deutsche Davis-Cup-Chef Patrik Kühnen wenig erbaulich – den beteiligten Spielern geht es nicht anders. Aber zumindest geht es Kiefer gesundheitlich wieder besser. Die Entzündung im rechten Handgelenk klingt allmählich ab und eine Blockade im betroffenen Gelenk, so Kiefer, habe sich mit vernehmlichen Knacken gelöst. Der Rest ist Warten, Warten auf die Entscheidung des Titelverteidigers aus Spanien.

Was das betrifft, ist Rainer Schüttler besser dran. Der kennt seinen Gegner für die erste Runde, den Belgier Xavier Malisse, was die Aufgabe allerdings nicht leichter macht. Malisse kommt als Finalist des Turniers von St. Pölten nach Paris – jenes Turniers, bei dem Andre Agassi vergangene Woche in der ersten Runde verlor. Schüttler, Kiefer und Haas – die neue Troika des deutschen Männertennis –, dazu Lars Burgsmüller und Alexander Popp und als Qualifikanten der junge Florian Mayer sowie der fast schon vergessene Daniel Elsner, bei den Frauen Anca Barna, Marlene Weingärtner, Anna-Lena Grönefeld, die Qualifikantinnen Barbara Rittner und Julia Schruff – das sind die Kandidaten des DTB in Paris.

Prognose? Ungewiss, wie immer in der jüngsten Vergangenheit, aber das trifft auch auf andere zu. Titelverteidigerin Justine Henin-Hardenne spielt zum ersten Mal wieder nach einer längeren Pause wegen des Pfeiffer’schen Drüsenfiebers. Henin sagt, sie fühle sich gut, aber sie habe keine Ahnung, ob ihre Form gut genug sei, um so erfolgreich zu spielen wie beim Sieg vor einem Jahr.

Eine aber ist voller Selbstbewusstsein. Nach einem kurzen Abstecher zu den Filmfestspielen in Cannes, wo sie sich ein Herz fasste und Landsmann Tom Hanks um ein gemeinsames Foto bat („ich muss darum bitten“, soll der Schauspieler geantwortet haben), ist Serena Williams bester Dinge vor ihrem ersten Grand-Slam-Spiel seit fast einem Jahr. „Im Training bin ich gut“, sagt sie, „und im Spiel bin ich normalerweise besser als im Training.“ Hört sich so an, als sei alles wie immer. DORIS HENKEL