Feuerwehrmann verlässt sinkendes Schiff

Nur Trainer Felix Magath spielt künftig Champions League, sein Noch-Klub VfB Stuttgart landet im Uefa-Cup

Es war ein eiskalter Tag, dieser 26. November 2003. Der VfB Stuttgart hatte gerade die Glasgow Rangers mit 1:0 besiegt und damit den Sprung unter die besten 16 Mannschaften Europas perfekt gemacht, als Felix Magath die Geduld verlor. „Die Sache muss schnell vom Tisch“, mahnte der Trainer des VfB Stuttgart den Stürmer Kevin Kuranyi. Zu seiner eigenen Zukunft wollte sich Magath erst äußern, nachdem die Führungsspieler verlängert hatten. Kuranyi unterschrieb einen neuen Vertrag, doch schon damals kursierten Gerüchte, Magath könnte Hitzfeld bei Bayern München beerben. Nun ist die Katze aus dem Sack, die Posse für den VfB zum ungünstigsten Zeitpunkt eskaliert.

Felix Magath saß am Samstag zum letzten Mal bei einem Pflichtspiel auf der Bank des VfB Stuttgart. Ab Juli wird der 50-Jährige als Nachfolger von Ottmar Hitzfeld den FC Bayern München trainieren. Vom VfB verabschiedete er sich auf ziemlich unglückliche Weise mit einem 0:2 in Leverkusen und dem Verpassen der Champions-League-Qualifikation. „Enttäuscht bin ich schon, verbittert nicht“, kommentierte Magath das Debakel eher lau.

Nun stehen die Stuttgarter nur im Uefa-Cup und eine sportlich erfolgreiche Saison strandete in finanziellen Nöten. Auf Drängen Magaths wurden 5,5 Millionen Euro der in der Champions-League eingespielten 20 Millionen in neue Spieler investiert. Vor der Saison drückten den VfB noch 16 Millionen Schulden. Mit dem Verpassen der Edelklasse ist ein vorzeitiger Verkauf des Brasilianers Bordon zu Schalke wahrscheinlich, die aufstrebende Mannschaft sportlich geschwächt. „Unrealistisch“, nannte Präsident Erwin Staudt Meldungen über eine hohe Ablösesumme für Magath, hingegen sei eine Kooperation mit den Münchnern angedacht. Noch im Herbst träumte der ehemalige IBM-Manager davon, die Bayern herauszufordern, jetzt wirbt der Rivale den Trainer ab und verspricht Talente. Welch eine Ernüchterung!

„Mein Anspruch ist es, eine Mannschaft zu trainieren, die immer um Meisterschaft und Europapokalsieg mitspielen kann“, sagte Magath zu seinen Beweggründen. Den Stuttgartern traut er dies offenbar nicht zu. Zudem fühlte sich der nicht uneitle Magath durch die Offerte seines „Lieblingsvereins“ einfach geschmeichelt. Lange genug war er derjenige, den man als Feuerwehrmann rief, wenn gar nichts anderes mehr ging. Der VfB war Magaths letzte Chance und Magath die letzte Chance des siechenden VfB. Beide nutzten diese grandios. Nun aber sieht sich Magath endlich dort angekommen, wo er immer hinwollte: bei den ganz Großen. Dies übt auf den ehrgeizigen Happelschüler einen größeren Reiz aus, als ewig mühsam mit dem VfB den Großen zu trotzen. Lange hat er dafür zwar nicht gelogen, aber geschwiegen und den Kredit der Fans verloren. Verein und Mannschaft, die er zu einem Symbol des Aufbruchs formte, lässt er ziemlich allein und abgebrannt zurück. TOBIAS SCHÄCHTER