Schmerzhaftes Aufkrempeln

Landesregierung will 100 Millionen Euro investieren und bei den städtischen Bediensteten die Zulagen streichen. Zuwendungen um zehn Prozent gekappt

Schleswig-Holsteins Landesregierung hat für die nächsten drei Jahre ein kreditfinanziertes Investitionsprogramm über 100 Millionen Euro beschlossen. Damit würden direkt Impulse in Wirtschaft und Arbeitsmarkt gelenkt, sagte Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) gestern. „Dies rechtfertigt eine Kreditfinanzierung in den ersten zwei Jahren und ermöglicht eine Finanzierung des Programms durch Einsparungen im Jahr 2006.“ Dies trägt auch der grüne Regierungspartner mit: „Das Kabinett krempelt die Ärmel hoch“, meinte Umweltminister Klaus Müller.

„Die Lage der öffentlichen Haushalte ist desolat“, sagte Simonis nach „hammerharten“ zweitägigen Beratungen über den Doppelhaushalt 2004/05. Dass die Klausur trotz harter Diskussionen atmosphärisch reibungsloser als erwartet abging, erklärten Koalitionäre auch mit dem Beilegen der rot-grünen Regierungskrise in Nordrhein-Westfalen.

Skeptisch blieb Simonis in der Frage, wie eine vorgezogene Steuerreform, die das Land 2004 ohne Kompensation mit 210 Millionen Euro belasten würde, gegenfinanziert werden kann. „Schon ohne das Vorziehen der Steuerreform war es schwer, unseren Haushalt verfassungskonform aufzustellen“, sagte Simonis. „Mit dem Vorziehen sind die üblichen Verfassungsvorgaben für die Haushaltsaufstellung praktisch nicht zu schaffen.“ Das wirtschaftliche Gleichgewicht sei gestört. Sie erwarte schwierige Verhandlungen.

45 Millionen Euro aus dem Investitionsprogramm sollen 2004 fließen. 44 der 100 Millionen gehen in Bildung, Forschung und Technologie. Beispiele: Medizintechnik/Biowissenschaften, Technologietransfer, Modernisierung von Berufsbildungszentren und Schulen sowie Museen. Je 28 Millionen kommen der wirtschaftsnahen Infrastruktur, der Beschäftigung in der Bauwirtschaft sowie der Maritimen Verbundwirtschaft zugute. „Die im Investitionsprogramm vorgesehenen Projekte wären ohne die Bereitstellung zusätzlicher Landesmittel nicht oder erst erheblich später als 2004/05 umsetzbar“, kommentierte Wirtschaftsminister Bernd Rohwer (SPD), der sich seit langem um die niedrige Investitionsquote von teils unter zehn Prozent sorgt und die Initiative maßgeblich mit auf den Weg brachte.

Beim Doppelhaushalt sprach Simonis von schmerzlichen Einschnitten: Fördermittel für Verbände, Vereine und andere Empfänger werden um je zehn Prozent gekürzt; dies bedeutet zehn Millionen für 2004 und im Vergleich zu heute 19 Millionen für 2005. Weihnachts- und Urlaubsgeld für Beamte werden sozial gestaffelt gekürzt oder ganz gestrichen. Das strebe man auch bei Angestellten an, sagte Finanzminister Ralf Stegner (SPD). Dies sei schmerzlich, aber die Alternative zu Entlassungen. Je 60 Millionen Euro erhalten die Kommunen für die Förderung der Kindergärten. Über einzuhaltende Standards will das Land mit Kommunen und Trägern verhandeln. WOLFGANG SCHMIDT