Gaza-Abzug in Stufen geplant

Israels Premier Scharon legt modifizierten Plan für Räumung von Siedlungen vor. Geräumte Häuser sollen zerstört werden. Kritik seitens Vertretern der Armee

JERUSALEM taz ■ Der modifizierte Abzugsplan aus dem Gaza-Streifen, den der israelische Premierminister Ariel Scharon Ende des Monats dem Kabinett vorlegen will, stößt bei Armeeangehörigen auf Ablehnung. Dem überarbeiteten Vorschlag entsprechend sollen die für eine Räumung vorgesehenen Siedlungen ja nach ihrer Sicherheitslage in vier Gruppen eingeteilt werden. Unklar bleibt, in welchen zeitlichen Abständen die Räumungen vorgenommen werden sollen. Insgesamt soll der Plan bis Ende des Jahres 2005 umgesetzt werden.

Scharon will, offenbar um die Chancen für eine grundsätzliche Zustimmung der Regierung zu dem Abzug zu steigern, jede Räumungsphase separat dem Kabinett zur Ratifizierung vorlegen. Demnach würden zuerst die isolierten Siedlungen im Gaza-Streifen geräumt werden, anschließend vier Siedlungen im Westjordanland, der Siedlungsblock Gusch Katif und schließlich die drei an der nördlichen Grenze im Gaza-Streifen liegenden Siedlungen. Die Sicherheitschefs fürchten, dass dieses schrittweise Vorgehen die palästinensischen Widerstandsgruppen dazu motivieren könnte, den Prozess durch gewalttätige Angriffe zu stoppen.

Entgegen dem ursprünglichen Plan, der vorsah, dass die Häuser der Siedler an die Weltbank verkauft werden, sollen die Gebäude nach dem Alternativplan zerstört werden. In ähnlicher Weise war nach der Räumung der jüdischen Siedlungen auf der Sinai-Halbinsel in den 80er-Jahren verfahren worden. Politische Beobachter rechnen nicht damit, dass Scharon den Plan am kommenden Sonntag zur Abstimmung der Minister vorlegen wird, ohne sich sicher zu sein, dass ihn die Mehrheit stützt.

In der gestrigen Regierungssitzung wies Scharon ausgerechnet denjenigen Minister zurecht, von dem er eine uneingeschränkte Rückendeckung für seinen Abzugsplan erwarten kann. Justizminister Tommi Lapid, Chef der Schinui, hatte zuvor die Häuserzerstörung, die die israelische Armee in diesen Tagen im südlichen Gaza-Streifen vornimmt, heftig kritisiert. „Die alte Frau in Rafah ließ Erinnerungen an meine Großmutter während des Holocaust aufkommen“, sagte Lapid mit Blick auf eine evakuierte Palästinenserin, die in den Trümmern ihres Hauses nach ihren Medikamenten suchte. Die Häuserzerstörung sei „unmenschlich und unjüdisch“. Scharon wies die Kritik entschieden zurück. Lapid würde mit seinen Äußerungen nur „Öl in das Feuer unserer Feinde gießen“, meinte er.

Unterdessen erwägt die israelische Regierung, den aus ihren Häusern vertriebenen palästinensischen Familien eine Wiedergutmachung zu zahlen. Sollte die geplante Sicherheitsschneise entlang der ägyptischen Grenze auf 200 Meter verbreitert werden, müssten rund weitere 700 Häuser zerstört werden.

SUSANNE KNAUL