Selbstbestimmt ist nicht blöd

betr.: „Selbstmord als letzte Waffe“, taz vom 8. 1. 09

Okay, der Merckle-Selbstmord war der Aufhänger, aber … Ganz unabhängig davon, dass das sicher ein Fall von Macht und Ohnmacht gewesen sein mag (die Arroganz dem armen Zugführer gegenüber mal ausgenommen – Herr Merckle dürfte als Ratiopharm-Boss doch andere Möglichkeiten gehabt haben?!!), nervt es zunehmend, dass Selbstmord als „Betriebsunfall“ dargestellt wird. Okay, die Medien berichten nicht mehr über Zahlen, um Nachahmereffekte zu vermeiden … dafür berichten sie wie angesprochen – und das nervt. Keine Frage, dass Hospize und andere Einrichtungen äußerst lobenswert sind, müsste mehr davon geben etc., aber verdammt nochmal: Man muss auch akzeptieren, dass nicht alle Menschen das für sich als Lösung haben wollen!

Wenn man in den späteren 40ern ist und im Freundes- und Bekanntenkreis langsam, aber sicher die Generation der Eltern mehr oder weniger erfreulich „verfallen“ sieht, habe ich durchaus Verständnis dafür, dass so manche(r) das für sich anders entscheidet. „Selbstmord als Provokation, weil man die Hilfe von Gesellschaft und Familie nicht versteht“? Blödsinn! Nicht jede(r) möchte sich den eigenen Verfall als spannende Körpererfahrung schönreden bzw. sich medikamentös so „einstellen“ lassen, dass er/sie als fröhlich grinsende(r) Senior(in) funktioniert (inklusive Hintern abputzen und füttern lassen). Nochmal: Es ist gut, dass es viele Angebote gibt, und auch Altersheime haben sich ja deutlich in den letzten zehn bis 15 Jahren verbessert, aber: Es darf nicht als blöd oder medikamentös unterversorgt hingestellt werden, wer sein Leben in letzter Konsequenz selbst bestimmen will! ANA KLEIN, Essen